Bogenbrücken

Kragbogen, Rundbogen, Segmentbogen, Spitzbogen, Korbbogen, Kettenlinie, Parabel

Anji-brücke, China
Die Anji-Brücke (oder auch Zhaozhou-Brücke) in Zhao / China, Provinz Hebei. Diese Brücke wurde bereits im Jahr 605
mit einem flachen Segmentbogen errichtet, viele Jahrhunderte bevor man dergleichen in Europa wagte.
Das Pfeilverhältnis dieser Brücke beträgt nur etwa 1:5.
Die Old Bridge of Carr
Die Old Bridge of Carr ist die älteste Brücke in den schottischen
Highlands. Bei einem Hochwasser im Jahr 1829 wurde sie so stark
beschädigt, dass nur der tragende Bogen stehen blieb.

Brief summary:

For centuries, the classic arch bridge made of stone was the only type of bridge that could achieve a larger span and could also be described as durable. However, the laborious construction from carefully hewn wedge stones required great technical understanding and skillful logistics on the construction site. Today, the largest arch bridges are made of steel or steel pipes filled with concrete.

Jahrhundertelang war die klassische Bogenbrücke aus Stein der einzige Brückentyp, mit dem sich eine größere Spannweite erreichen ließ und der auch als dauerhaft bezeichnet werden konnte. Der mühevolle Bau aus sorgfältig behauenen Keilsteinen setzte jedoch großes technisches Verständnis voraus und eine geschickte Logistik auf der Baustelle.

Die statische Besonderheit einer (echten) Bogenbrücke besteht darin, dass alle Kräfte, die über das Bauwerk abgetragen werden, als Druckkräfte auftreten. Zugkräfte hingegen kommen in nennenswerter Größe nicht vor. Alle spröden Baumaterialien wie Stein, Beton oder Gusseisen können keine großen Zugspannungen aufnehmen und sind daher nicht biegbar. Allerdings bieten sich diese Materialien für den Bau einer Bogenbrücke geradezu an. Zugspannungen, wie sie in Balken-, Hänge- und Schrägseilbrücken auftreten, können hingegen nur von elastischen Baumaterialien wie Eisen oder Stahl abgetragen werden, in bescheidenem Umfang sogar von Holz.


Vorbilder in der Natur

Im Gegensatz zu Balken- oder Hängebrücken entwickelt die Natur nur selten Beispiele, die das besondere Tragverhalten einer Bogenbrücke veranschaulichen und die Menschen auf die Idee bringen konnten, die Bogenform für ihre Bedürfnisse nachzuahmen. Die bewusste Herstellung einer Bogenbrücke setzte daher schon ein gewisses Verständnis für die statischen Zusammenhänge und den Kräfteverlauf in einem Bogen voraus.

Ein paar von der Natur geschaffene Bögen gibt Ich habe mich beim Plural von Bogen für "Bögen" entschieden. Nach neuerer deutscher Rechtschreibung ist auch "Bogen" zulässig. es aber doch, wie z.B. bogenartige Felsformationen in der Nähe der Küsten, die durch die beständige Kraft der Wellen und des Windes geformt wurden. In Europa gibt es solche Bögen z.B. in der Normandie bei Etretat oder in Dorset / Großbritannien. Eine größere Anzahl natürlicher Bogenbrücken ist im "Natural Bridges Park" in Moab / USA zu finden. In diesem Naturpark befindet sich auch der Landscape Arch, der mit einer Spannweite von ca. 90 m und einer Höhe von 75 m die größte Naturbogenbrücke der Welt ist.

Ein Bogen ist eine zweidimensionale geometrische Form, die im Bauwesen zuerst zur Überbrückung von Aussparungen in einer Wand verwendet wurde, wie z.B. über einer Türöffnung. Die dreidimensionale Form eines Bogens nennt man Gewölbe. Es gibt verschiedene Arten von Gewölben, z.B. Tonnengewölbe, Kreuzgewölbe oder auch Kuppel. Die häufigste Anwendung eines Gewölbes ist ein Dach, bzw. bei mehrstöckigen Gebäuden eine Decke.

Während ein Bogen einen Abstand zwischen angrenzenden Bauteilen überbrückt, überspannt ein Gewölbe eine Fläche oder einen Raum. Diese Fläche kann beliebige Grundformen haben: z.B. rund wie beim Pantheon, rechteckig wie bei einer Sporthalle bzw. einem Bahnhof sowie kreuzförmig, wie bei einer Kathedrale. Auch für Gewölbe gibt es entsprechende Vorbilder in der Natur, wie z.B. Felsüberhänge oder Höhlendecken. Da eine Brücke immer auch eine Breite (bzw. Tiefe) hat, wäre im Brückenbau der Begriff "Gewölbebrücken" also eigentlich zutreffender.

Der Bogen ist nicht nur im Brückenbau von großer Bedeutung, sondern bei jedem Bauwerk, bei dem eine Wandöffnung überbrückt werden muss, die länger ist als das zur Verfügung stehende Baumaterial. Dies beginnt mit Stürzen über Fenstern oder Türen und endet bei den Gewölben riesiger Kathedralen, Schalendächern über Industrieanlagen oder bogenförmigen Eisenkonstruktionen über Bahnhöfen und Markthallen. Allerdings waren Bögen für den Brückenbau tausende von Jahren essentiell und in Form von Steinbogenbrücken die einzige Möglichkeit, eine tragfähige und dauerhafte Brücke zu errichten.


Der Bogen in der Architekturgeschichte

Man kann davon ausgehen, dass Bogenbrücken in Asien, insbesondere in Mesopotamien (heute Irak) und in China, unabhängig vom antiken Brückenbau Europas erfunden wurden. Aus Mesopotamien sind "echte" Bögen mit Radialfugen in Gebäuden bekannt, die bereits um 3500-3000 v.Chr. entstanden sind. Die erste in der Literatur überlieferte Steinbogenbrücke Chinas soll im Jahr 282 von 75.000 Arbeitern in fünf Monaten gebaut worden sein.

Kragbogen und Rundbogen
Der Unterschied zwischen Kragbogen und Rundbogen. Der Kragbogen hat den Vorteil, dass
für den Bau kein Lehrgerüst erforderlich ist und die Steine nicht so exakt bearbeitet.
sein müssen. Ein Rundbogen ist allerdings auch wesentlich tragfähiger.

Eine der ältesten, historisch belegten Brücken mit Bögen war der Aquädukt von Jerwan im heutigen Irak, aus dem 7 Jhd. v.Chr. Diese immerhin ca. 280 m lange und 22 m breite Brücke bestand aus Mauerwerk und diente der städtischen Wasserversorgung. Allerdings bestanden die Öffnungen des Aquädukts aus Kragbögen. In Anbetracht der Größe und Komplexität dieses Bauwerks ist allerdings zu vermuten, dass in dieser Region schon weit früher einfache Bogenbrücken gebaut wurden.

In Europa beginnt der Bau von Steinbogenbrücken in Griechenland und bei den Etruskern. Die teilweise noch erhaltenen Brücken von Arkadiko, Das Städtchen Arkadiko liegt auf dem westlichen Peleponnes, etwa 40 km südlich von Korinth. sind wuchtige aber noch sehr archaisch anmutende Bauwerke aus mykenischer Zeit. Die Bögen haben Spannweiten von nur 2-3 m und bestehen aus kaum bearbeiteten Findlingen. Man schätzt ihre Entstehung auf ca. 1300 v.Chr. Vermutlich sind diese Bauwerke heute die ältesten noch erhaltenen Bogenbrücken der Welt.

Die Römer griffen die Technik des Steinbrückenbaus von den Griechen und Etruskern auf und brachten sie zu einer bis dahin ungekannten Perfektion und Blüte. Der legendäre Ponte Salario über den Teverone (heute Aniene) gilt als die erste römische Steinbogenbrücke. Sie wurde um 100 v.Chr. errichtet und bestand über 600 Jahre, bevor sie 544 von den Goten zerstört wurde. Sie wurde aber wenige Jahre später wieder aufgebaut und ist in Überresten heute noch erhalten. Das bekannte Bild von Giovanni Battista Piranesi (1720-1778) zeigt den Zustand der Brücke im 18. Jhd.


Die Römer, die antiken Meister des Bogenbrückenbaus

Durch eine andere technische Entdeckung die allen früheren Kulturen unbekannt war, gelang den Römern ein entscheidender Schritt bei der Weiterentwicklung des Brückenbaus. Gemeint ist ihr wasserfester Mörtel, mit dessen Hilfe sie einen unter Wasser abbindenden Beton herstellen konnten, den sie "opus caementitium" nannten. Mit dieser Technik war Mithilfe dieser Kenntnisse konnten natürlich auch andere Baumaßnahmen im Wasser durchgeführt werden, wie z.B. der Bau von Hafenanlagen. es ihnen möglich, Widerlager oder Pfeiler im offenen Wasser zu gründen. Nachdem die Wölbtechnik weitgehend beherrscht wurde, war die Fundamentierung von Zwischenpfeilern die größte Herausforderung, um einen breiten Fluss zu überbrücken. Doch die Römer lösten auch dieses Problem und bauten mit Hilfe ihres Kastendammes mächtige Steinbogenbrücken über die breitesten Flüsse ihres Imperiums.

Durch ihre hochentwickelten technischen Fähigkeiten wurden die Römer zu wahren Meistern im Bau von Steinbogenbrücken. Sie haben uns nicht nur ca. 300 bis zum heutigen Tage genutzte Straßenbrücken hinterlassen, sondern auch gewaltige Aquädukte, die der Wasserversorgung ihrer Städte dienten.

Sehr gut erhaltene römische Steinbogenbrücken finden wir heute z.B. noch in Alcantara, Salamanca, Cordoba (alle in Spanien) und natürlich auch in Rom. Die schönsten und größten Aquädukte befinden sich in Südfrankreich (Pont du Gard), Zentralspanien (Segovia) und in Merida (Südspanien). Die römischen Brücken wurden in der Regel von Militäringenieuren geplant und gebaut. Die körperliche Arbeit musste dabei meistens von den Legionären, manchmal aber auch von Sklaven verrichtet werden.


Die Entwicklung der Bogenbrücken

Um einen Bogen oder ein Gewölbe aus Stein zu bauen, ist zunächst immer ein Lehrgerüst erforderlich, denn die Tragwirkung eines Steinbogens kann sich erst entfalten, nachdem der letzte Stein, der so genannte "Schlussstein" gesetzt wurde. Die Herstellung eines solchen Gerüstes aus Holz stellt erhebliche Anforderungen an die handwerklichen Fähigkeiten der Zimmerleute, denn das gesamte Gewicht des Baumaterials muss bis zu dem Moment, wenn der Schlussstein gesetzt wird, vom Gerüst getragen werden.

Ein Vorläufer des Bogens mit einer geringeren Tragfähigkeit, der allerdings ohne Gerüst auskommt, ist der sogenannte "Kragbogen" oder seine Weiterentwicklung, der "Giebelbogen". Bei einem Kragbogen werden alle Steine von beiden Seiten in vertikaler Ausrichtung verlegt, wobei man sie nach oben hin immer ein Stück weiter auskragen lässt, bis die Lücke geschlossen ist. Beim Giebelbogen bilden zwei größere, entsprechend geformte Steine den Abschluss der Öffnung nach oben. Allerdings lassen sich mit beiden Alternativen nur bescheidene Spannweiten erzielen.

Konstruktion eines Bogens nach Blondel
Historische Anleitung zum Bau einer Bogenbrücke mithilfe eines Lehrgerüsts. Konsolen
auf denen die hölzerne Konstruktion ruht, sind auch schon bei römischen
Steinbogenbrücken zu finden. Ganz oben der Schlussstein (B).

Bogenbrücken werden aus allen zur Verfügung stehenden Materialien gebaut. Dies war zunächst Naturstein oder künstlich hergestellte Mauersteine, manchmal sogar Holz, später Beton, Stahlbeton, Eisen und schließlich Stahl. Die Geschichte beginnt mit Bogenbrücken aus Natursteinen, wobei sich eine "echte" Bogenbrücke durch sorgfältig behauene Steine mit Radialfugen auszeichnet, die alle auf den gedachten Kreismittelpunkt des Bogens zulaufen. Mit Abweichungen vom kreisrunden Bogen, wie z.B. beim Korbbogen oder Spitzbogen, wird dieses Prinzip etwas komplizierter.

In statischer Hinsicht muss man Bogenbrücken, insbesondere wenn sie aus Stahl oder Stahlbeton bestehen, in "echte" und "unechte" Bögen unterscheiden. Ein echter Bogen ist das statisch tragende Element einer solchen Brücke, während eine unechte Bogenbrücke zwar auch die typische Bogenform hat, in Wirklichkeit aber eine Balken-, Ausleger- oder Schrägseilbrücke ist. Im Einzelfall ist das auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu unterscheiden.


Alternativen zum Rundbogen

Über Jahrhunderte vertrauten die Römer bei ihren Steinbrücken in aller Regel auf den halbkreisförmigen Rundbogen. Erst in der Endphase des römischen Imperiums wurden auch kleinere Segmentbogenbrücken gebaut. Der Vorteil des Halbkreisbogens liegt darin, dass er bautechnisch verhältnismäßig leicht zu beherrschen ist, weil er die Kräfte aus seinem Eigengewicht und der Verkehrslast vertikal in den Baugrund ableitet. Bei einem flachen Segmentbogen hingegen, treten starke horizontale Schubkräfte auf, die wesentlich massivere seitliche Widerlager erfordern.

Allerdings hat der halbkreisförmige Bogen auch einen entscheidenden Nachteil: die Höhe des Bogens ist nämlich immerhin halb so groß wie seine Spannweite. Hinzu kommt noch der Aufbau über dem Bogenscheitel, so dass der Anstieg bis zur Mitte der Brücke sehr steil werden kann. Dies wird deutliche, wenn man sich Brücken wie z.B. den Ponte della Maddalena in Oberitalien ansieht. Wenn man einen steilen Anstieg vermeiden wollte, war das nur durch entsprechend lange Rampen möglich. Diese wiederum erfordern einen erheblichen zusätzlichen Aufwand und auch Materialbedarf.

Eine Segmentbogenbrücke besteht nur aus einem Teil (einem Segment) des Halbkreises. Dadurch wird der Bogen flacher und wirkt auch eleganter. Allerdings müssen für eine solche Brücke auch die örtlichen Voraussetzungen gegeben sein, denn die Kräfte aus dem Bogen wirken nicht nur vertikal in das Fundament, sondern zum Teil auch seitlich auf die Widerlager. Dabei wird der horizontale Kraftanteil umso größer, je flacher der Bogen ist oder anders ausgedrückt: umso kleiner der Ausschnitt des Kreissegments ist. Da die horizontalen Kräfte versuchen die Widerlager auseinanderzudrücken, muss auch ein entsprechender Baugrund vorhanden sein, der diesen Kräften standhält. Eine Segmentbogenbrücke eignet sich daher vor allem bei massiven Ufern. Optimal ist eine Schlucht mit Felswänden, zwischen die man den Segmentbogen einspannen kann.

In Europa wurden erst im Mittelalter vermehrt Segmentbogenbrücken gebaut, während in China schon 617 die elegante Anjibrücke entstand. Zu den frühesten mittelalterlichen Segmentbogenbrücken gehören die Rhonebrücke bei Avignon, der Ponte Vecchio in Florenz, die Rialtobrücke in Venedig und die Fleischbrücke in Nürnberg. Letztere wurde der Rialtobrücke nachempfunden und besticht durch ihren außerordentlich flachen Bogen.

Eine nochmalige technische und ästhetische Weiterentwicklung ist der sogenannte "Korbbogen", der die Vorteile eines Halbkreises und eines Segments auf sich vereint. Ein Korbbogen wird aus verschiedenen (meist drei oder fünf) Radien, mit entsprechend vielen Mittelpunkten entwickelt. Man könnte auch von der oberen Hälfte einer flachen Ellipse sprechen. Ein Korbbogen ist einerseits sehr niedrig, kann aber durch die kleinen Radien an den Kämpfern, die Kräfte vertikal in den Baugrund ableiten.

Die erste Bogenbrücke der Welt, bei der von dem Prinzip eines einzigen Radius abgewichen wurde, war der von Bartolomeo Ammanati gebaute Ponte di Santa Trinita siehe Foto ganz oben in Florenz. Obwohl die meisten Fachleute der Meinung waren, dass es sich um einen Korbbogen handelt, gab es dennoch einen jahrhundertelangen Streit unter Kunsthistorikern, über die von Ammanati angewendete Konstruktion. Nachdem die Brücke im Zweiten Weltkrieg von deutschen Soldaten zerstört worden war, sollte sie wieder origianlgetreu rekonstruiert werden. Der beauftragte Ingenieur, Ricardo Gizdulich, beschäftigte sich intensiv mit der Grundform des Bogens und konnte schließlich nachweisen, dass es sich nicht um einen Korbbogen handelt, sondern um die sogenannte "Kettenlinie". Während ein Korbbogen aus verschiedenen Radien und Kreismittelpunkten konstruiert wird, ist die Kettenlinie die Form, die ein Seil oder eine Kette durch die Schwerkraft einnimmt, wenn man sie in einem bestimmten Abstand an beiden Enden fixiert und frei nach unten durchhängen läßt. Ammanati hat die Bogenform des Ponte di Santa Trinita also vermutlich nicht berechnet, sondern in einem praktischen Versuch ermittelt und auf die Form des Lehrgerüsts übertragen.

Pont de Neuilly
Einer der fünf Korbbögen des Pont de Neuilly (1774) mit seinem Lehrgerüst. Er wurde aus sechs verschiedenen
Radien mit elf Mittelpunkten konstruiert. Die dünnen Linien zielen auf den jeweiligen Kreismittelpunkt.

Eine technisch und architektonisch herausragende Korbbogenbrücke war aber der Pont de Neuilly, den Jean Rodolphe Perronet von 1768-1774 vor den Toren von Paris errichtete. Die Seine-Brücke hatte eine Gesamtlänge von 220 m und bestand aus fünf Bögen mit Spannweiten von jeweils 40 m. Perronet konstruierte jeden Korbbogen aus sechs verschiedenen Radien mit 11 Mittelpunkten. Für die Herstellung der Bögen waren exakte und komplizierte Lehrgerüst erforderlich. Angesichts der technischen und historischen Bedeutung dieses Bauwerkes ist es heute nicht mehr nachvollziehbar, dass die Brücke erst 1939 wegen des zunehmenden Autoverkehrs abgebrochen wurde. Heute befindet sich eine recht langweilige Betonbrücke an dieser Stelle. Manchem Paris-Touristen ist aber der Name "Pont de Neuilly" sicher als Station einer Metrolinie in Erinnerung geblieben.

Neben architektonischen Aspekten zielen Segmentbögen, Korbbögen und Bögen nach der Kettenlinie vor allem darauf ab, die Höhe des Bogens zu reduzieren und dadurch den Anstieg für den oben liegenden Verkehrsweg in erträglichen Grenzen zu halten. Es gibt aber auch die umgekehrte Aufgabenstellung, bei der es darum geht, mehr Höhe zu gewinnen. Dies ist z.B. bei Eisenbahnbrücken über tiefen Tälern der Fall. Gute Beispiele für solche Fälle sind der Garabit-Viadukt im französischen Zentralmassiv und die Müngstener Eisenbahnbrücke.


Bogenbrücken aus Eisen und Beton

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts stand eine Bogenbrücke ausschließlich mit der Verwendung des Materials Stein in Verbindung. Zwar gab es schon seit den frühen ägyptischen Hochkulturen auch künstlich gebrannte Steine, die jedoch aufgrund der geringeren Druckfestigkeit nur selten im Brückenbau Verwendung fanden.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden große Fortschritte bei der Eisenerzeugung erzielt, sodass die Verwendung von Eisen in Bauwerken in greifbare Nähe rückte. Zunächst gab es aber nur Gusseisen, das sehr spröde ist und ähnliche physikalische Eigenschaften wie Gestein besitzt, nämlich hohe Druckfestigkeit bei geringer Biege- / Zugfestigkeit. Die Idee, die tragenden Teile einer Brücke aus Gusseisen herzustellen, führten daher zunächst zu der gleichen Brückenart wie bei einer Steinbrücke, nämlich die altbewährte Bogenbrücke.

Dennoch eröffneten sich durch die Verwendung von Eisen ganz neue Möglichkeiten, denn das Eigengewicht einer Eisenbrücke ist deutlich geringer als bei einer Steinbrücke. Bei der Verwendung von Eisen werden Baugrund und Fundamente weniger belastet, als mit einer massiven Steinbrücke. Die erste Bogenbrücke aus Gusseisen war die Iron Bridge von Abraham Darby III. Sie wurde 1779 im englischen Coalbrookdale (Grafschaft Shropshire) errichtet und existiert noch heute.

Da Produkte jeder Art aus Eisen immer wichtiger wurden, arbeitete man auch ständig an der Verbesserung der Eisenqualität und den Herstellungsverfahren. Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gusseisen in vielen Bereichen vom Schmiedeeisen verdrängt, welches bereits gute elastische Eigenschaften besaß. Schmiedeeisen kann dadurch erheblich größere Zugkräfte aufnehmen und auch auf Biegung beansprucht werden. Für den Brückenbau bedeutete dieser Schritt und die spätere Weiterentwicklung zum Stahl, einen echten Quantensprung, denn fortan konnten auch Balkenbrücken aus Eisen gebaut werden. Und mehr noch: es konnten ganz neue Brückenarten entstehen, mit denen die Kräfte zu einem überwiegenden Anteil als Zugkräfte und in Form von Biegemomenten auftreten. Solche Brücken sind z.B. Hänge- und Schrägseilbrücken oder Auslegerbrücken.

Lehrgerüst der Teufelstalbrücke
Das Lehrgerüst für den Betonbogen der Teufelstalbrücke bei Hermsdorf / Thüringen im Zuge
der Autobahn Jena-Gera. Da für jede Richtungsfahrbahn eine eigene Brücke gebaut wurde,
war dieses Gerüst gleich zwei mal zu errichten. Diese Foto aus dem Jahr 1937 zeigt
die Grenzen des Betonbrückenbaus mit herkömmlichen Lehrgerüsten auf.

Aber auch für Bogenbrücken waren nun ganz neuartige Formen möglich. Eine der wichtigsten Entwicklungen in diesem Zusammenhang sind die Stahl-Fachwerkbrücken die, unterstützt durch die Niet- und Schweißtechnik, zu einer großen Formenvielfalt bei Balkenbrücken führten. Ein stählerner Fachwerkbalken kann wie ein Bogen geformt sein aber auf ganz anderen statischen Grundsätzen beruhen. In diesem Fall spricht man von einem "unechten Bogen". Im Unterschied zum echten Bogen treten in einem solchen Träger auch Zugkräfte auf, vor allem im unteren Gurt, dem Zugband. Der Träger als Einheit überträgt dadurch keine nennenswerten Horizontalkräfte auf die Widerlager, selbst wenn es sich dabei um einen flachen Segmentbogen handelt. Verlief bei einer klassischen Steinbogenbrücke der Verkehrsweg grundsätzlich über dem Bogen, konnte er nun auch unter dem Bogen liegen (abgehängte Fahrbahn) oder sogar mitten durch den Bogen hindurchführen.


Zeit- und geldsparende Bauverfahren

Mithilfe des Schweißeisens war es nun möglich, eine Bogenbrücke ganz ohne Lehrgerüst, nämlich im "Freien Vorbau", zu errichten. Somit konnte man erhebliche Kosten einsparen und das Gelände unter der Brücke praktisch unberührt lassen. Mit diesem Vorteil konnte man sich Brückenstandorten zuwenden, die man vorher aufgrund der großen Höhe ausgeschlossen hatte, weil es unmöglich war, an solchen Stellen ein Lehrgerüst zu errichten. Ingenieure wie Heinrich Gerber und Gustave Eiffel beschäftigten sich intensiv mit diesen Herausforderungen und entwickelten neue Bauweisen.

Nach der großen Zeit der Stahlbrücken kam mit dem Beton, bzw. dem Stahl- und Spannbeton bald ein kostengünstigeres Material auf den Markt, das bis heute im Brückenbau meist erste Wahl ist. Der Nachteil einer Beton- oder Stahlbetonbrücke ist aber, dass der Beton zunächst flüssig ist und daher eine Schalung benötigt, die wiederum, wie eine Steinbogenbrücke ein Lehrgerüst erfordert. Mit der Größe der Brücken und der Steigerung der Spannweiten wurden auch die Lehrgerüste immer aufwändiger und teurer. Ein Lehrgerüst für eine große Bogenbrücke, zumal wenn es von Zimmerleuten aus Holz hergestellt wurde, ist ein technisches und handwerkliches Meisterwerk, das auf Grund seiner Kurzlebigkeit kaum gewürdigt wird. Ein gutes Beispiel für ein aufwändiges Lehrgerüst ist die Teufelstalbrücke bei Hermsdorf Abbildung siehe oben in Thüringen, die 1937 im Zuge der Autobahn Jena - Gera gebaut wurde.

Die kostspieligen Lehrgerüste zwangen die Ingenieure dazu, sich für den Bau von Bogenbrücken neue, billigere Bauverfahren einfallen zu lassen. Bei Bogenbrücken mit mehreren Brückenfeldern wurde z.B. versucht, dasselbe Lehrgerüst nacheinander für alle Bögen zu verwenden. Das machte z.B. Christian Menn beim Bau von zwei Autobahnbrücken am San Bernadino. Auch für die drei Bögen der Brücke von Plougastel (Bretagne) verwendete Eugène Freyssinet das selbe Lehrgerüst. Die Besonderheit dabei war, dass dieses Gerüst schwimmfähig war und als ganze Einheit zum jeweiligen Einsatzort geschwommen werden konnte.

Ein besonders intelligentes Verfahren ist auch die "Bauweise Melan", benannt nach dem österreichischen Ingenieur Josef Melan (1853-1941), der als Professor an den Technischen Hochschulen in Prag, Wien und Brünn lehrte. Bei diesem Verfahren, für das Melan 1892 ein Patent erhielt, wird zunächst eine steife, sich selbst tragende Bewehrung aus Stahl im freien Vorbau errichtet. Die Unterseite der Bewehrung wird als Schalung ausgebildet und vor dem Betonieren durch seitliche Schalungen ergänzt.

Ein weiteres Beispiel für kostengünstige Alternativen zum Lehrgerüst ist das sogenannte "Bogenklappverfahren", das erstmals beim Bau der Argentobelbrücke zwischen Isny und Oberstaufen zum Einsatz kam. Bei dieser Bauweise wird jeweils eine Hälfte des Bogens im Bereich des Widerlagers mit Kletterschalungen senkrecht in die Höhe betoniert. Nach dem Aushärten werden die Bogenhälften mit der Hilfe von Spannkabeln und Gelenken an den Fußpunkten abgelassen, bis sie sich über dem Tal treffen und miteinander verbunden werden können. Beim Bau der Argentobelbrücke konnten durch die Anwendung dieses Verfahrens nicht nur Kosten eingespart werden, sondern so wurde auch der Eingriff in ein unter der Brücke befindliches Naturschutzgebiet vermieden.


Gegenwart und Zukunft der Bogenbrücken


Cartoon
"Darf ich fragen, wo genau sie Ingenieurwissenschaften studiert haben?"

Steinbogenbrücken waren jahrtausendelang die einzige Möglichkeit, Brücken mit Spannweiten über 10 Meter zu bauen, die für die schwersten Verkehrsarten ihrer Zeit geeignet waren und auch eine Dauerhaftigkeit versprachen. Die einzige Alternative waren Holzbrücken, die aber ständigen Unterhaltungsaufwand erforderten, regelmäßig bei Eisgang zerstört wurden und häufig abbrannten. Da es enorm aufwändig und teuer war eine Steinbogenbrücke zu bauen, gab es diese nur im Zuge wichtiger Handelsstraßen. Ausnahmen waren die Brücken direkt an Wassermühlen, denn irgendwie sollte ja auch das Getreide in die Mühle kommen, das auf der anderen Seite des Flusses geerntet wurde.

Der Spannweite eines einzelnen Steinbogens sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Selbst die Römer als Meister des Steinbrückenbaus kamen über Spannweiten von knapp 30 m nicht hinaus. Trajans Donaubrücke in Dakien hatte zwar einen größeren Abstand zwischen den Pfeilern, das eigentliche Tragwerk bestand aber aus Holz. Einer der größten erhaltenen Steinbögen aus dem Mittelalter ist der südlichste der drei Bögen der Scaligerbrücke (1356) in Verona. Er hat eine Spannweite von knapp 49 m. Den größten Steinbogen des Mittelalters hatte die Adda-Brücke in Trezzo, etwa 30 km nordöstlich von Mailand. Sie diente als Zugang zu einer mittelalterlichen Burg und hatte eine Spannweite von 72 m. Die Brücke bestand nur knapp 40 Jahre, von 1377 bis 1416. Bei einer Belagerung der Burg wurde sie absichtlich zum Einsturz gebracht, was bei einem so außerordentlich filigranen Bauwerk nicht allzu schwierig war.

Mit der Verwendung des Eisens stiegen die erreichbaren Spannweiten bei Bogenbrücken schnell an. Schon 1931 bzw. 1932 wurden zwei große Stahlbogenbrücken mit Spannweiten über 500 m errichtet: die Bayonne Bridge in New York und die Sydney Harbour Bridge in Australien. Durch eine weitere Innovation, diesmal aus Asien, gelang es ab Ende des 20. Jahrhunderts auch weit gespannte Bogenbrücken aus Stahlbeton zu errichten. Das Verfahren nennt sich "Concrete filled steel tube arch bridge" Mit Beton gefüllte Stahlrohrbogenbrücke. (CFST) und beruht auf der Idee, den Beton nach innen und den Bewehrungsstahl in Form von Röhren, nach außen zu verlegen. Dabei wird der Bogen zunächst aus Stahlsegmentrohren im freien Vorbau geschweißt und anschließend mit Beton verfüllt. Im Prinzip kann man dieses Verfahren auch als Weiterentwicklung der "Bauweise Melan" betrachten.

Seit 2020 ist eine solche CFST-Brücke, die Dritte Pingnan-Brücke in China, die größte Bogenbrücke der Welt. Sie führt etwa 400 km nordwestlich von Hongkong, mit einer freien Bogenspannweite von 575 m, über den Westfluss.

Quellen: Interne Links:
  • Joseph Melan: "Der Brückenbau. II Band: Steinerne Brücken und Brücken aus Beton-Eisen" [Leizpzig 1911]
  • Hans Wittfoht: "Triumph der Spannweiten" [Düsseldorf 1972]
  • Georg Mehrtens: "Der deutsche Brückenbau im XIX. Jahrhundert" [Reprint der Originalausgabe aus dem Jahr 1900. Düsseldorf 1984]
  • Hans Pottgießer: "Eisenbahnbrücken aus zwei Jahrhunderten" [Basel 1985].
  • Charlotte Jurecka: "Brücken - Historische Entwicklung, Faszination der Technik" [Wien 1986].
  • Heinz-Otto Lamprecht: "Opus Caementitium - Bautechnik der Römer". [Düsseldorf 1987]
  • Fritz Leonhardt: "Brücken - Ästhetik und Gestaltung" [Stuttgart 1994]
  • Hans Straub: "Die Geschichte des Bauingenieurskunst"; 4. Auflage [Basel 1996]
  • Klaus Stiglat: "Brücken am Weg - Frühe Brücken aus Eisen und Beton in Deutschland und Frankreich" [Berlin 1997]
  • Dirk Bühler: "Brückenbau". [Deutsches Museum München 2000]
  • Richard J. Dietrich: "Faszination Brücken - Baukunst, Technik, Geschichte" [München 2001]
  • Sven Ewert: "Brücken. Die Entwicklung der Spannweiten und Systeme" [Berlin 2003]
  • Adam Hart-Davis: "Ingenieure - Auf den Spuren großer Erfinder und Konstrukteure" [London 2012]
  • Karl-Eugen Kurrer: "Geschichte der Baustatik - Auf der Suche nach dem Gleichgewicht" [Berlin 2016]
  • Brigitte Cech: "Technik in der Antike" [Berlin 2017]
  • structurae.de

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