Brücken aus Eisen

Schmiedeeisen, Gusseisen, Puddeleisen, Schweißeisen, Stahl

Aldford Bridge
Die wundervolle blau-weiße Aldford Bridge ist eine Gusseisenbrücke mit einer Spannweite von 46 m, die bei Eaton Hall
(Chesshire) über den Dee führt. Sie wurde von dem Unternehmer William Hazledine aus Shropshire
gegossen und 1824 errichtet. Wahrscheinlich stammte der Entwurf von Thomas Telford.
Meilensteine des Eisen- und Stahlbaus
Jahr Bauwerk Ort Beteiligte
1433 Kettenbrücke Tamchog Tamchog / Bhutan Thangtong Gyalpo
1779 Iron Bridge Coalbrookdale (GB) Abraham Darby III, Thomas F. Pritchard
1827 Kettenbrücke Malapane Karl Schottelius
1850 Britannia Bridge Bangor (GB) Robert Stephenson
1851 Kristallpalast London Joseph Paxton
1857 Weichselbrücke Dirschau Carl Lentze
1863 Schwedlerkuppel Berlin Johann Wilhelm Schwedler
1867 Mainbrücke Haßfurt Heinrich Gerber
1884 Garabit Viadukt St. Flour (F) Gustave Eiffel
1886 Observatorium Nizza Gustave Eiffel
1889 Eiffelturm Paris Gustave Eiffel
1890 Firth of Forth Bridge Queensferry (GB) Arrol / Baker / Fowler
1909 Kuppel der Festhalle Frankfurt Friedrich von Thiersch
1931 Empire State Building New York Shreve, Lamb & Harmon

Kein anderes Material ist so sehr mit der industriellen Revolution und dem technischen Fortschritt im 18. und 19. Jahrhundert verbunden, wie das Eisen. Mit seinem hervorragenden Verhältnis zwischen Eigengewicht und Tragfestigkeit eröffnete es auch für das Bauwesen ganz neue Möglichkeiten. Gerade im Brückenbau ermöglichte es neue statische System und verbesserte Bauverfahren.

Nach der Steinzeit begann in Europa die Epoche der Metalle, die von den Historikern auch entsprechend benannt wurden. Auf die Kupferzeit folgte die Bronzezeit (ab ca. 3000 v.Chr.). Bronze ist die erste von Menschen hergestellte Legierung, die in der Natur so nicht vorkommt. Es besteht etwa aus 90% Kupfer und 10% Zinn. Durch die Zugabe des Zinns ist Bronze deutlich härter als reines Kupfer und daher vielseitiger verwendbar. Allerdings kommt Kupfer und Zinn nicht überall vor, sodass die Produkte aus Bronze als begehrte Handelsware geschätzt wurden. Durch die mühsame Gewinnung der Rohstoffe und den aufwändigen Herstellungsprozess der Legierung, war Bronze ein überaus kostbares Metall, mit dem man nur Waffen, Schmuck oder Kultgegenstände herstellte.


Um 1000 v.Chr.: die Eisenzeit beginnt

Ausgehend von Ost-Anatolien begann im Anschluss an die Bronzezeit um 1000 v.Chr. in Europa die sogenannte Eisenzeit. In Ägypten und Mesopotamien war das Eisen allerdings schon viel früher bekannt. Die erste Herstellung und Verwendung von Eisen durch Menschen datiert man auf die Zeit zwischen 4000 und 2000 v.Chr. In Mitteleuropa (genauer gesagt in der Eifel) ist die erste Verwendung von Schmelzöfen zur Eisenerzeugung, den sogenannten Rennöfen, seit etwa 2000 Jahren nachweisbar.

Zugbänder aus Schmiedeeisen
Zugstangen aus Schmiedeeisen zwischen den Bogenkämpfern.
Arkaden an der Piazza Grande in Arezzo / Italien.

In Bezug auf die reinen Materialeigenschaften war das frühe Eisen der Bronze nicht wesentlich überlegen. Sein Vorteil bestand vielmehr darin, dass es in Form von Eisenerz fast überall oberflächennah vorkommt. Allerdings liegt der Schmelzpunkt von Eisen deutlich höher als der von Kupfer. Die Herstellung von Eisen war also eine sehr beschwerliche Prozedur und entsprechend wertvoll war das Material. In seiner Bedeutung stand es zeitweise auf einer Stufe mit Gold, denn es ist viel härter und konnte daher auch für Waffen verwendet werden.

Für die klassische Eisengewinnung wurde zunächst ein runder, ca. 1 m hoher Zylinder aus Ton über einer Erdmulde hergestellt. Dieser Rennofen wurde nun von oben abwechselnd mit Schichten von Holzkohle und aufgesammeltem erzhaltigem Gestein befüllt. Es war nicht allzu schwer solches Material zu finden, denn Eisen ist eines der am häufigsten vorkommenden Elemente. Im unteren Teil des Ofens ließ man ein kleines Loch für einen Blasebalg, um höhere Temperaturen zu erzeugen. Teilweise wurden die Öfen aber auch an Hängen angelegt, damit die aufsteigende Luft die Öfen belüften konnte.


Mühsame Eisenerzeugung im Rennofen

Der Rennofen musste auf mindestens 800°C aufgeheizt werden, um das Gestein zum Schmelzen zu bringen und von dem Eisen zu trennen. Der Schmelzpunkt von Eisen liegt allerdings deutlich höher, nämlich bei 1536°C. Das Eisen wurde in einem solchen Ofen also nicht wirklich flüssig. Dafür schmolz aber das Material, welches das Erz umgab und konnte über die untenliegende Öffnung als Schlacke abgezogen werden.

Zurück blieben sogenannte 'Luppen', die man in bestimmten Region auch Eisenschwamm nannte. Das waren poröse aber schmiedbare Eisenbrocken, die noch stark mit Gestein und Holzkohle verunreinigt waren. Durch mechanische Bearbeitung mit dem Hammer wurde das erhitzte Rohmaterial zu gebrauchsfähigen Stücken verarbeitet. Man kann sich ungefähr vorstellen, welchen Aufwand und welche Anstrengung es bedeutete, auf diese Art ein Messer, ein Schwert oder vielleicht sogar eine Ritterrüstung herzustellen.

Da sich auf diese Weise nur kleinere Mengen Eisen herstellen ließen, beschränkte sich seine Anwendung im Bauwesen zunächst vor allem auf Nägel im Holzbau und Klammern im Steinbau. Beides nutzten schon die Römer aber auch die Baumeister der gotischen Kathedralen im Mittelalter. Weitere frühe Verwendungszwecke sind Ketten und Zugbänder zwischen Mauern und Bögen. Solche auf Zug beanspruchten Stäbe wurden in Arkadengängen verwendet und sind schon seit dem frühen 15. Jahrhundert in Europa nachweisbar. Beim Bau des Petersdoms in Rom (1590) hatte Michelangelo das Problem, wie er die gewaltigen, nach außen wirkenden Kräfte aus der großen Kuppel schadlos in die vertikalen Wände einleiten sollte. Er umspannte zu diesem Zweck die Kuppel mit zwei geschmiedeten Eisenringen. Dennoch zeigten sich 150 Jahre später breite Risse in der Konstruktion, sodass man fünf weitere Zugringe um die Kuppel legen musste.


Die Erfindung des Gusseisens

Eine entscheidende Verbesserung in der Eisenproduktion gelang um 1400 durch die Erfindung des Hochofens. Dadurch konnten deutlich höhere Temperaturen erreicht werden und man konnte das Roheisen erstmals wirklich verflüssigen. Flüssiges Eisen eröffnet die Möglichkeit, es in eine Form zu gießen, was einen bis dahin nicht gekannten Gestaltungspielraum eröffnet. Nun war es möglich gusseiserne Öfen, Geländer, Stützen, Rohre, Kanonen und Kanonenkugeln oder auch Glocken herzustellen.

Gusseisen ist allerdings sehr spröde, d.h., es ist weder schmied- noch schweißbar und kann nur relativ geringe Zugspannungen aufnehmen. Im Bauwesen bietet es sich daher vor allem für die Herstellung von druckbeanspruchten Bauteilen an. Dafür hatte man natürlich schon immer den Stein aber eine Stütze aus Gusseisen kann beispielsweise wesentlich schlanker gestaltet werden als ein Steinpfeiler.

Die Verfahren zur Eisenherstellung wurden im Laufe der Zeit immer ausgereifter und es konnten auch immer größere Mengen produziert werden, besonders im industriell führenden England. Das Material fand Zugang in viele Bereiche des täglichen Lebens und es entstanden ganz neue Gewerbezweige. Aber gerade im waldarmen England wurde schon bald die Holzkohle immer teurer, weil die Eisenhütten riesige Mengen des Heizmaterials benötigten. Schließlich mussten einige Eisenhütten sogar ihren Betrieb einstellen, zumal der boomende Schiffsbau die Holzknappheit weiter verstärkte. Es kam zur ersten Energiekrise der Welt, die sich zu einer Bedrohung für die fortschreitende Industrialisierung Großbritanniens auszuweiten begann. Auch auf vielen deutschen Landschaftsaufnahmen vom Anfang des 19. Jhd. fällt auf, wie wenig Wald dort teilweise vorhanden war, insbesondere wenn es in der Nähe Eisenhütten gab.


Die erste Energiekrise der Geschichte


Brücke über das Striegauer Wasser
Die gusseiserne Bogenbrücke über das Striegauer Wasser bei Laasan (1796) war die erste
Eisenbrücke für schweren Straßenverkehr außerhalb Großbritanniens. Sie wurde in der
Königlichen Eisengießerei in Malapane (damals Schlesien heute Ozimek / Polen) gegossen.

Wie aber so häufig in der Geschichte der Technologie führte gerade dieser Druck zu verstärkten Anstrengungen und geradezu revolutionären Entwicklungen. Im Jahr 1709 gelang es Abraham Darby in Shropshire erstmals Koks aus Kohle herzustellen und als Ersatz für die Holzkohle zu verwenden. Mit dem Koks konnte man außerdem deutlich höhere Temperaturen erzeugen und dadurch sogar noch die Produktion steigern.

Damit war man weitgehend unabhängig vom Holz und investierte nun massiv in den Bergbau. Mit Kohle ließen sich gute Geschäfte machen aber zunächst einmal musste sie aus dem Berg herausgeholt werden. Man erkannte, dass die dafür eingesetzten Esel und Pferde die Wagen wesentlich leichter ziehen konnten, wenn sie auf Schienen fuhren. Die Schienen bestanden anfangs aus Holz aber bald schon aus Eisen. Die Herstellung eiserner Schienen führte in Verbindung mit der Erfindung der Dampfmaschine schließlich zur Entwicklung der Eisenbahn. Mit der Eisenbahn wiederum konnte man die Kohlen für die Dampfmaschinen in den Fabriken schneller und besser im Land verteilen und die erzeugten Waren zu den Abnehmern bringen. So bedingte eine Entwicklung die nächste und führte zu einem immer schneller werdenden wirtschaftlichen Aufschwung.

Durch die geringen Produktionsmengen war Eisen für die Zwecke des Brückenbaus lange Zeit keine Option. Erst mit der Verwendung von Koks stand Eisen in solchen Mengen zur Verfügung, dass man es auch im größeren Maßstab im Bauwesen einsetzen konnte. Dennoch gibt es einige Hinweise darauf, dass Eisen schon sehr früh auch im Brückenbau Anwendung fand. Im Jahr 637 fand bei Antiochia (heute Antakya / Türkei) im Verlauf des arabisch-byzantinischen Krieges die "Schlacht bei der eisernen Brücke" statt. Man weiß, dass es sich dabei um eine Steinbrücke mit neun Bögen handelte, die über den Orontes führte. Welche Teile dieser Brücke aus Eisen bestanden, ist nicht bekannt. Die Bezeichnung lässt aber darauf schließen, dass Eisen beim Bau dieser Brücke schon eine wesentliche Rolle gespielt haben muss. Vielleicht verfügte sie über eine Zugbrücke, die an eisernen Ketten aufgehängt war.


Die Anfänge des Eisens im Brückenbau

Etwa in der Zeit zwischen 1380 und 1460 machte im heutigen Tibet und Bhutan ein Mann namens Thangtong Gyalpo von sich reden, der mindestens 58 an Ketten aufgehängte Hängebrücken erbaut haben soll. Einige von ihnen sind heute noch erhalten. Er verwendete dafür Schmiedeeisen, denn für Ketten benötigt man zähes, zugfestes Eisen. Die Fähigkeiten Gyalpos bei der Eisenerzeugung und dem Schmieden von Ketten müssen außergewöhnlich gewesen sein, denn die erhaltenen, ca. 600 Jahre alten Ketten sind bis heute praktisch rostfrei.

Das 1615 veröffentlichte Werk "Machinae novae" von Faustus Verantius enthält die Darstellung einer Hängebrücke mit eisernen Ketten in China. Auch in dem Buch "China Illustrata" von Athanasius Kircher (1667) werden Eisenbrücken in Asien erwähnt. Wir müssen also zur Kenntnis nehmen, dass in anderen Gegenden der Erde offensichtlich schon Brücken unter Verwendung von Eisen gebaut wurden, als in Europa die Technik der Metallverarbeitung noch nicht so weit entwickelt war.

Wie bereits erwähnt gelang Abraham Darby im Coalbrookdale die erstmalige Verwendung von Kohle für die Eisenherstellung. Insofern war es sicher kein Zufall, dass dessen Enkel Abraham Darby III wesentlichen Anteil am Bau der ersten ganz aus Gusseisen bestehenden Brücke der Welt hatte. Ihr Name ist "Iron Bridge" (Eisenbrücke) und sie führt bei dem gleichnamigen Ort über den Fluss Severn. Ihre Bögen wurden 1779 in Viertelkreis-Segmenten im offenen Sandbett gegossen, auf dem Severn zur Baustelle transportiert und innerhalb weniger Tage aufgerichtet. Die Iron Bridge besteht noch heute und steht seit vielen Jahren unter Denkmalschutz. In Großbritannien wurden in den folgenden Jahrzehnten noch eine ganze Reihe von Bogenbrücken aus Gusseisen gebaut, darunter mehrere von Thomas Telford.


Die industrielle Revolution nimmt ihren Lauf


Halfpenny Bridge, Dublin
Diese Fußgängerbrücke aus dem Jahr 1816 führt im Herzen der irischen Hauptstadt Dublin über
den Liffey. Sie besteht aus einem 43 m weit gespannten gusseisernen Segmentbogen.
Der Volksmund nennt sie "Ha'penny Bridge" weil anfänglich pro Person eine
Benutzungsgebühr von einem halben Penny zu entrichten war.

Als erste Gusseisenbrücke Deutschlands gilt eine noch heute existierende Nachbildung der Iron Bridge im Schlosspark von Wörlitz, die 1791 errichtet wurde. Sie fällt allerdings eher unter die Rubrik "Gartenbrücken", hat eine Weite von nur 7 m und eine Breite von 1 m. Einem echten Verkehrsbedürfnis diente hingegen die Eisenbrücke, die im Jahr 1796 bei Laasan in Schlesien (heute Lazany / Polen) errichtet wurde. Sie führte über das Striegauer Wasser und war für die schwersten damals auf Straßen verkehrenden Fahrzeuge geeignet. Ihre Spannweite betrug 12,55 m und sie war 5,70 m breit. Sie gilt als die erste eiserne Straßenbrücke Kontinentaleuropas. Bedauerlicherweise wurde sie 1945 von deutschen Soldaten auf dem Rückzug gesprengt.

Erstaunlicherweise wurde in den USA die erste Brücke aus Gusseisen ganze 60 Jahre nach der Iron Bridge errichtet. Die Dunlap's Creek Bridge ist eine flache Segmentbogenbrücke für den Straßenverkehr, die 1839 in Dienst gestellt wurde aber noch heute existiert.

Die Erfindung des Gusseisens unter Verwendung von Koks gilt als eine der Initialzündungen für die von England ausgehende industrielle Revolution. Ganze Wirtschaftszweige die voll und ganz vom Eisen abhängig waren, wie z.B. die Eisenbahn, begannen sich nun zu entwickeln und zu expandieren. Allerdings gab es im Laufe der Zeit noch viele weitere Erfindungen und Verbesserungen bei der Eisen- und Stahlerzeugung. Gusseisen ist ein sehr hartes und sprödes Material, das sich hervorragend zum Bau einer Bogenbrücke eignet, weil bei diesem Brückentyp fast ausschließlich Druckkräfte auftreten. Allerdings ist es weder besonders elastisch noch zugfest und kann daher auch nicht auf Biegung beansprucht werden. Die gusseisernen Bogenbrücken waren daher nur der Anfang des Brückenbaus mit Eisen, denn die Vorteile des Materials lassen sich bei anderen statischen Systemen viel besser ausnutzen.

Bis zur Erfindung des Stahls war vorläufig nur Gusseisen als industrielles Massenprodukt herstellbar. Zwar gelang dem Engländer Henry Cort schon 1784 durch die Erfindung des Puddelverfahrens (von "to puddle": umrühren) ein weiterer wichtiger Schritt bei der Eisenerzeugung. Mit dieser Methode konnte man erstmals schmiedbares, also elastisches Eisen in einem Hochofen herstellen. Allerdings benötigte das Verfahren menschliche Intuition, denn der Mann an der Rührstange brauchte viel Erfahrung um das heiße Eisen im richtigen Moment und an den richtigen Stellen umzuwälzen. Der Vorgang ließ sich daher nicht so einfach mechanisieren, was dem Verfahren enge Grenzen setzte.


Schmiedeeisen und Stahl

Schmiedeeisen hat einen wesentlich niedrigeren Kohlenstoffanteil als Gusseisen und ist dadurch nicht ganz so hart. Dafür ist es aber mechanisch verformbar (schmiedbar), elastisch und kann auf Zug beansprucht werden. Mit Schmiedeeisen konnte man Brücken bauen, bei denen überwiegend oder zumindest teilweise Zugkräfte auftreten. Dies können seilverspannte Brücken sein, Ketten- oder Drahtseilbrücken aber auch auf Biegung beanspruchte Balkenbrücken. Schmiedeeisen hat gegenüber Gusseisen außerdem den Vorteil, dass es sich im erwärmten Zustand sehr gut weiterverarbeiten lässt. Dadurch wurde es erstmals möglich, Bleche zu walzen, Drähte zu ziehen oder biegebeanspruchte Bauteile herzustellen wie Eisenbahnschienen oder Brückenträger.

Gerade für den Brückenbau brachte das Schmiedeeisen erhebliche Vorteile gegenüber dem Gusseisen. Eine der ersten deutschen Brücken aus Schmiedeeisen war die 1825 in Nienburg an der Saale errichtete Kettenbrücke. Dabei handelte es sich aber nicht um eine klassische Hängebrücke, sondern um die erste reine Schrägseilbrücke für schweren Straßenverkehr. Zum großen Unglück ihres Baumeisters Gottfried Bandhauer stürzte sie jedoch bereits nach einem halben Jahr unter einer großen Menschenmenge ein. In Schlesien entstand 1827 die erste Kettenhängebrücke Deutschlands, die auch für Fahrzeugverkehr geeignet war. Karl Schottelius errichtete sie in Malapane (heute Ozimek / Polen) über den gleichnamigen Fluss. Die Brücke mit einer Spannweite von 31 m wurde im zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wieder aufgebaut und existiert noch heute.

Obwohl die Übergänge zwischen den verschiedenen Eisenepochen fließend sind und sich jeweils viele Jahrzehnte überlappen, kann man die Hauptverwendung des Gusseisens im Brückenbau etwa auf die Zeit zwischen der Fertigstellung der Iron Bridge (1779) und dem Bau der Britannia Bridge (1850) durch Robert Stephenson eingrenzen. Letztere war die erste Brücke weltweit, die fast vollständig aus Schmiedeeisen hergestellt wurde. Anfang des 19. Jhd. hätte es aber ohnehin kein anderes Land gegeben, das Schmiedeeisen in so großen Mengen herstellen konnte, wie man für die Britannia Bridge benötigte.

Die Warmniettechnik
Schematische Darstellung der Warm-Niettechnik

Die Britannia-Eisenbahnbrücke führte in Wales über die Menai-Meeresstraße und verband die Insel Anglesey mit der britischen Hauptinsel. Das Tragwerk dieser Brücke bestand ursprünglich aus zwei parallelen, rechteckigen Röhren, die jeweils ca. 9 m hoch und 4,50 m breit waren. Die Eisenbahn fuhr durch das Innere dieser "Tubes". Die Röhren wurden aus Blechen, Winkeln und T-Trägern zusammengesetzt, mit Schleppkähnen zur Baustelle geschwommen und mit Winden in ihre Position gehoben. Die Herstellung eines solchen Trägers aus vielen Einzelelementen verlangte aber auch nach einer neuen Fügetechnik. War die Iron Bridge in Coalbrookdale noch nach alter Zimmermannstradition wie eine Holzkonstruktion miteinander verbunden worden, so kam beim Bau der Britannia Brücke erstmals die Niettechnik zum Einsatz.


Neue Fügetechniken für den Eisenbau

Dabei werden in die beiden zu verbindenden Bauteile Löcher gebohrt oder gestanzt und dann mit dem Niet verbunden. Der Niet besteht aus einem Eisenschaft mit rundem Kopf (Setzkopf), der auf ca. 1.000°C rotglühend erhitzt wird. In diesem Zustand wird er durch die übereinander positionierten Löcher gesteckt. Nun formt man mit einem Hammer, dem "Döpper", aus dem überstehenden Teil des Niets auf der anderen Seite ebenfalls einen runden Kopf, den Schließkopf. Beim Erkalten zieht sich der Niet zusammen und verbindet die beiden Bauteile untrennbar mit großer Kraft. Natürlich gab es zur damaligen Zeit auch schon Schrauben und Muttern. Diese haben jedoch den Nachteil, dass sie sich bei dynamischer Beanspruchung im Laufe der Zeit lösen können.

Mit der ersten Dirschauer Weichselbrücke (heute Tczew / Polen) wurde 1857 erstmals auch in Deutschland eine Eisenbahnbrücke nach den gleichen Grundprinzipien wie die Britanniabrücke errichtet. Allerdings bestand sie nicht aus vollwandigen Röhren, sondern aus einem engmaschigen Gitterfachwerk. Damit verkörpert sie gegenüber der Britannia Bridge einen erheblichen Entwicklungsschritt, weil durch die Fachwerkbauweise eine beträchtliche Material- und Gewichtseinsparung erzielt wurde. Außerdem konnte der Rauch der Lokomotive frei nach oben entweichen, ohne die nachfolgenden Passagierwagen zu beeinträchtigen. Anders als bei der Britannia Bridge hatten die Fahrgäste auf der Weichselbrücke nicht das Gefühl, durch einen Tunnel zu fahren. Die Dirschauer Weichselbrücke wurde von Carl Lentze (1801-1883) entworfen und bestand aus sechs Feldern mit Spannweiten von jeweils 131 m. Sie war eine der ersten Brücken die dem zweiten Weltkrieg zum Opfer fielen, denn sie wurde schon am 1.9.1939 gesprengt. Nur drei Felder der ursprünglichen Brücke blieben dabei erhalten. Die zerstörten Träger wurden nach dem Krieg teilweise als parallelgurtige Fachwerkträger und teilweise als Fischbauchträger rekonstruiert, sodass von dieser historischen Brücke heute leider nur noch eine Art "Patchworkensemble" vorhanden ist.

Die Nachteile des Puddelns konnten erst in der zweiten Hälfte des 19. Jhd. durch verschiedene neue Verfahren kompensiert werden. Durch das "Windfrischverfahren" von Bessemer und Thomas (Bessemerstahl und Thomasstahl) sowie das "Herdfrischverfahren" von Siemens und Martin (Siemens-Martin-Stahl), war es endlich möglich, beliebig große Mengen elastischen Eisens herzustellen. Die Briten nannten das verbesserte Eisen "Steel" aber in Deutschland wurde es wegen seiner Verarbeitbarkeit zunächst "Schweißeisen" genannt. Im Laufe der Zeit setzte sich aber auch in den deutschsprachigen Ländern die Produktbezeichnung Stahl durch.

Der Kohlestoffanteil des Stahls liegt mit ca. 1,8% genau zwischen dem des Gusseisens und des Schmiedeeisens. Mit seiner überragenden Schlagfestigkeit bei gleichzeitiger Zähigkeit und Zugfestigkeit vereinigt der Stahl die Vorzüge der beiden früheren Eisensorten und ist daher eines der am häufigsten verwendeten Baumaterialen. Ein weiterer Vorzug des Stahls ist seine Schweißbarkeit, ein erheblicher Vorteil gegenüber der zeitraubenden Niettechnik, die zudem auch noch Material einspart. Die Schweißtechnik kam in der zweiten Hälfte des 19. Jhd. auf und verdrängte langsam das Nieten.


Das große Zeitalter des Stahls

Einige Ingenieure und Brückenbauer wandten nun ihre ganze Aufmerksamkeit dem Baumaterial Stahl zu. Hier muss an erster Stelle Gustav Eiffel, der "Eisenzauberer" erwähnt werden, aber auch dessen Mitarbeiter und spätere Konkurrenten Maurice Koechlin, Theophile Seyrig und Emile Nougier. In Deutschland sind als Pioniere des Eisenbaues vor allem Friedrich August Pauli (1802-1883), Hermann Lohse (1815-1893), Johann Wilhelm Schwedler (1823-1894) und Heinrich Gerber (1832-1912) zu nennen. Vorwiegend in Amerika tätig war der aus Brünn (heute Tschechien) stammende Gustav Lindenthal (1850-1935), der unter anderem die Hell Gate Bridge (1916) baute, damals die größte Stahlbogenbrücke der Welt. Wichtige Vertreter des Eisenbaus in England waren neben den bereits erwähnten Abraham Darby III (1750-1791) und Robert Stephenson (1803-1859) auch Joseph Paxton (1803-1865) und Isambard Kingdom Brunel (1806-1859).

Manhattan Bridge
Die Manhattan Bridge / New York im Bau (1909). Nach der Brooklyn Bridge und der
Williamsburg Bridge war sie bereits die dritte Brücke über den East River.
Sie wurde 1912 eröffnet und besteht komplett aus Stahl.

Joseph Paxton baute keine Brücken, setzte aber mit seinem Kristallpalast die ganze Welt in Erstaunen. Die riesige Ausstellungshalle aus Eisen und Glas entstand anlässlich der ersten Weltausstellung 1851 in London. In nur 17 Wochen wurde das Gebäude mit den Außenabmessungen von 615 x 150 m im Hyde Park errichtet. Nach der Weltausstellung wurde es demontiert und in Sydenham wieder aufgebaut. Leider wurde der Kristallpalast bei einem Brand am 30. November 1936 vollständig zerstört.

Für den Brückenbau entstand ab 1857 eine Vielzahl von Fachwerksystemen, die zum Teil schon aus dem Holzbau bekannt waren und in Eisenausführung weiterentwickelt wurden. Besonders für die dynamische Belastung der Eisenbahn wurden variantenreiche Trägersysteme, meist Balkenbrücken aber auch Bogen- und Auslegerbrücken, entwickelt. In Deutschland sind von diesen Brücken heute leider nur noch sehr wenige zu finden, denn ihre größte Verbreitung fanden sie schon vor Beginn des 2. Weltkrieges. Im Laufe der Kriegshandlungen wurden fast alle diese Eisen-Fachwerkbrücken zerstört, meist nicht vom Kriegsgegner, sondern von deutschen Soldaten auf dem Rückzug. Nach Beendigung der Kriegshandlungen gab es in Deutschland keine einzige intakte Rheinbrücke mehr und auch alle Brücken über Main, Weser und Donau waren zerbombt.


Stahl in allen Bereichen des Brückenbaus

In der Aufbauphase nach dem Krieg war die große Zeit der Eisenfachwerkbrücken eigentlich schon wieder vorbei. Sie wurden im Wesentlichen nur noch für die Eisenbahn gebaut, wie z.B. die Eisenbahnbrücke Hamm. Für den Bau von Straßenbrücken wendeten sich die Bauingenieure nun einem neuen, billigeren und noch flexibler einsetzbaren Material zu: dem Beton. Dennoch ist Stahl im Brückenbau auch heute noch in vielen Fällen erste Wahl. Für große Spannweiten bei Hänge- und Schrägseilbrücken werden weiterhin Stahlsegmente bevorzugt, vor allem wenn ein elastischer, schlanker und leichter Träger erforderlich ist.

Die Verbesserung der Schweißtechnik sorgte dafür, dass die Stahlbauweise im Brückenbau weiterhin attraktiv blieb, denn die Niettechnik war sehr lohnintensiv. Viele europäische Großbrücken, wie z.B. die Harilaos-Trikoupis-Brücke und der Viaduc de Millau haben einen geschweißten Fahrbahnträger aus Stahl, während ihre Unterbauten aus Beton bestehen. Die meisten Träger haben Stahlhohlkästen, bestehen eigentlich also aus Röhren und sind damit - wenn man so will - direkte Nachfolger der Britannia Bridge. Allerdings befindet sich der Verkehrsweg (ob Straße oder Schiene) heute grundsätzlich auf dem Hohlkasten und nicht mehr in seinem Inneren.

Bei allen Hänge- und Schrägseilbrücken bestehen die Kabel - und meistens auch die Pylone - aus Stahl. Aber auch in Betonbrücken, seien es Stahlbeton- oder Spannbetonbrücken, ist natürlich eine Menge Stahl als Bewehrung enthalten. Stampfbetonbrücken ganz ohne Bewehrung werden heute nicht mehr gebaut. Insofern ist es sicher nicht übertrieben zu sagen, dass heute keine einzige größere Brücke ohne Stahl gebaut wird, obwohl man ihr dies nicht immer auf den ersten Blick ansieht.

Die aktuelle Situation auf dem weltweiten Stahlmarkt ist geprägt vom zunehmenden Materialbedarf Asiens. Besonders die expandierenden Wirtschaftsräume China und Indien verlangen nach unglaublichen Mengen an Stahl und Schrott, wodurch auch in Europa seit Jahren ein stetiger Anstieg des Rohmaterialpreises zu verzeichnen ist.

Quellen: Interne Links:
  • F. Heinzerling: "Historische Übersicht über die Anwendung des Eisens zu Brückenbauten und deren Ergebnisse für die Wahl ihres Konstruktionssystems und Eisenmaterials" [Allg. Bauzeitung 1867]
  • Joseph Melan: "Der Brückenbau. Eiserne Brücken 1. Teil" [Leizpzig 1921]
  • Ernst Werner: "Die ersten Ketten- und Drahtseilbrücken" [Düsseldorf 1973]
  • Georg Mehrtens: "Der deutsche Brückenbau im XIX. Jahrhundert". [Reprint der Originalausgabe aus dem Jahr 1900. Düsseldorf 1984]
  • Hans Pottgießer: "Eisenbahnbrücken aus zwei Jahrhunderten". [Basel1985]
  • Charlotte Jurecka: "Brücken - Historische Entwicklung, Faszination der Technik" [Wien 1986]
  • Tom F. Peters: "Transitions in Engineering" [Basel 1987]
  • Hans Straub: "Die Geschichte des Bauingenieurskunst"; 4. Auflage [Basel 1996]
  • Klaus Stiglat: "Brücken am Weg - Frühe Brücken aus Eisen und Beton in Deutschland und Frankreich" [Berlin 1997]
  • Walter Kaiser, Wolfgang König: "Geschichte des Ingenieurs - Ein Beruf in sechs Jahrtausenden" [München 2006]
  • Pasternak, Hoch, Füg: "Stahltragwerke im Industriebau" Kap. 1.1 "Eisen- und Stahlbauweise - ein historischer Abriss" [Berlin 2010]
  • Adam Hart-Davis: "Ingenieure - Auf den Spuren großer Erfinder und Konstrukteure" [London 2012]
  • Walter Buschmann: "Vom Gusseisen zum Flussstahl" veröffentlicht in: Denkmäler aus Eisen und Stahl. Dokumentation zum 18. Kölner Gespräch zu Architektur und Denkmalpflege. [Duisburg 2014]
  • Karl-Eugen Kurrer: "Geschichte der Baustatik - Auf der Suche nach dem Gleichgewicht" [Berlin 2016]

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