Die Landkarte des heutigen Deutschland war im 17. und 18. Jhd. durch komplizierte Erbauseinandersetzungen in einen regelrechten Flickenteppich zerlegt. Durch diese sprichwörtliche "Kleinstaaterei" waren Zwergstaaten entstanden, die mit Mühe und Not dazu in der Lage waren, sich selbständig zu organisieren und zu verwalten. Die Folgen waren unterschiedliche Währungen, Maße, Gewichte und teilweise unübersehbare Zollbestimmungen. So wurde auch das bereits durch Erbteilung entstandene Fürstentum Anhalt im 14. Jhd. noch einmal in mehrere selbständige Teile zerlegt, darunter auch das Herzogtum Anhalt-Köthen.
Herzog Friedrich Ferdinand von Anhalt-Köthen (1769-1830)
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Zu Beginn des 19. Jhd. umfasste das Staatsgebiet von Anhalt-Köthen eine Fläche von ca. 800 km² 1 und hatte etwas mehr als 30.000 Einwohner. 1818 erbte Friedrich Ferdinand (1769-1830) das Fürstentum und bezog seine Residenz in der Hauptstadt Köthen 2.
Die westlichste Stadt des Herzogtums war Nienburg, das es durch die Lage an der Saale zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht hatte. Die größtenteils landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Umgebung wurden in Nienburg von Fuhrwerken auf Schiffe umgeschlagen, und dann meist Richtung Hamburg weitertransportiert. Nienburg lag damals fast ausschließlich links der Saale, während sich die meisten Felder und Ländereien am östlichen Ufer befanden. Eine einfache aber gut ausgelastete Seilfähre ermöglichte dem regen Warenverkehr die Überfahrt über die Saale. Allerdings machte sich zu Beginn des 19. Jhd. das Fehlen einer Brücke bei Hochwasser, Sturm oder Eisgang, immer häufiger bemerkbar.
Für alle Bauaufgaben in Anhalt-Köthen war um diese Zeit der herzogliche Baurat Christian Gottfried Heinrich Bandhauer (1790-1837) verantwortlich. Der aus Roßlau stammende Bandhauer hatte seine Karriere als Zimmermann begonnen und als junger Mann auf seiner zunftgemäßen 'Waltz' viele neue Eindrücke gewonnen. Da ihn besonders die Architektur interessierte, studierte er etwa ab 1814 an der kurz zuvor gegründeten staatlichen Bauschule in Darmstadt. 1818 machte er hier einen Abschluss und wurde zum Baukondukteur (Bauführer) ernannt. Als 1819 in seiner Heimat ein Nachfolger für den Baurath des Herzogtums gesucht wurde, engagierte man ganz gezielt Bandhauer, der zu dieser Zeit in Düsseldorf beschäftigt war.
Schon gleich zu Beginn seiner Tätigkeit in Anhalt-Köthen wurde er mit dem Wunsch der Nienburger Bürgerschaft konfrontiert, die dringend benötigte Brücke über die Saale zu bauen. Eine dauerhafte Brücke konnte zu dieser Zeit eigentlich nur eine Steinbrücke sein, die aber arbeitsintensiv und teuer war. Der Herzog legte das Projekt daher aus finanziellen Gründen für unbestimmte Zeit auf Eis. Neue Hoffnung keimte auf, als die Nachrichten von den ersten kostengünstig gebauten Hängebrücken aus Großbritannien und Amerika bis nach Deutschland vordrangen.
Die deutsche 'Kleinstaaterei' Ende des 18. Jhd. Rechts oben AK = Anhalt-Köthen. Daneben AB = Anhalt-Bernburg, AD = Anhalt-Dessau und AZ = Anhalt-Zerbst. © ziegelbrenner / wikipedia. "Das Heilige Römische Reich 1789" (Ausschnitt). |
Bandhauer informierte sich so gut wie möglich über ausländische Erfahrungen mit dem Bau von Kettenbrücken und legte im Januar 1824 der fürstlichen Rentkammer seinen Entwurf vor. Als Vorbild für seine Zeichnungen nannte er eine geplante Hängebrücke in Wien3. Rückblickend war sein Entwurf aber gar keine Hängebrücke, sondern vielmehr die erste verwirklichte reine Schrägseilkonstruktion der Welt.
Sein Plan stieß auf breite Zustimmung, denn mit geschätzten Baukosten von 4.000 Talern erschien er sehr preiswert, und nahm außerdem auf die besonderen Wirtschaftsinteressen der Nienburger Geschäftsleute Rücksicht. Der zunehmende Schiffsverkehr auf der Saale kreuzte die Route der Nienburger Seilfähre, wobei für jedes Schiff das Fährseil abgelassen werden musste. Für diese Dienstleistung war eine Abgabe zu entrichten, die von der Stadt Nienburg vereinnahmt werden durfte. So wichtig und willkommen der Brückenbau auch war, so ungern wollte man auf diese leicht verdiente Einnahme verzichten. Dieser wirtschaftliche Aspekt war der wichtigste Grund für Bandhauer, von einer Hängebrücke, wie sie in England und anderen Ländern gebaut worden war, abzuweichen.
Bandhauers Brücke bestand aus zwei völlig unabhängig voneinander stehenden Hälften, deren Tragwerksenden sich über dem Fluss in einem Abstand von ca. 3,50 m gegenüberstanden. Die Lücke wurde durch zwei Klappen verschlossen, sodass im Normalbetrieb eine durchgehende Fahrbahn vorhanden war. Wenn nun ein Schiff mit stehendem Mast die Brücke passieren wollte, wurden die Klappen geöffnet und das Schiff konnte durch die geöffnete Brücke gleiten. Es war also wiederum eine Dienstleistung für durchfahrende Schiffe erforderlich, die natürlich kostenpflichtig war. Damit hatte Bandhauer es geschafft, alle Wünsche seiner Auftraggeber unter einen Hut zu bringen. Mit einer Hängebrücke wäre ihm dies nicht gelungen, weil die Ketten in Brückenmitte am tiefsten hängen und die Schiffsmasten behindert hätten.
Entwurf einer Hängebrücke mit schrägen Abspannungen aus Holz Carl Immanuel Löscher: "Angabe einer ganz besonderen Hangewerksbrücke..." (1784) |
Anstatt eine Brücke zu projektieren, die hoch genug war, um Schiffe mit stehenden Masten passieren zu lassen, baute er nun die erste dokumentierte Schrägseilbrücke -oder besser gesagt "Schrägkettenbrücke"- Deutschlands und wahrscheinlich der ganzen Welt. Die Tragwerkshälften waren mit jeweils fünf schrägen Kettenpaaren (insgesamt also 20 Ketten für die ganze Brücke) von den beiden Portalen abgespannt, wobei der Angriffspunkt jeder Kette am Tragwerk um ein Stück nach vorne versetzt war. Jedes Portal bestand aus zwei hölzernen Pylonen, die eine Höhe von ca. 12 m über der Fahrbahn hatten. Auf der Rückseite war die Last nur durch drei starke Ketten pro Mast rückverankert.
Obwohl die Nienburger Brücke vermutlich die erste ausgeführte reine Schrägseilbrücke war, ist es jedoch zweifelhaft, ob man Bandhauer auch die erstmalige Idee für diesen Brückentyp zuschreiben kann. Die ganze Konstruktion ähnelte auf verblüffende Weise den ersten Entwürfen für Schrägseilbrücken, die der Franzose Claude Navier im Jahre 1823 veröffentlicht hatte. Es ist möglich, aber wohl doch eher unwahrscheinlich, dass Bandhauer dessen Theorien bekannt waren, denn Prof. Dietlein von der Bauakademie in Berlin gab die Arbeiten Naviers erstmals 1825 in einer deutschen Kurzfassung heraus 4.
Schrägseilvarianten in Naviers Bericht über die Hängebrücken (Paris, 1823)
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Sehr wohl dürfte Bandhauer hingegen die Veröffentlichung von Carl Immanuel Löscher aus dem Jahre 1784 bekannt gewesen sein. Das Werk "Angabe einer ganz besonderen Hangewerksbrücke..." 5 beinhaltet nämlich den ersten Entwurf einer Brücke, die man als Schrägseilkonstruktion bezeichnen kann. Allerdings ist der Wortteil "Seil" nicht ganz zutreffend, denn der Entwurf sah als Baumaterial ausschließlich Holz vor. Löschers Brücke wurde in dieser Form nie gebaut, aber seine Entwürfe zeigen große Ähnlichkeiten mit Bandhauers Saalebrücke.
Am 24. März 1824 begannen die Bauarbeiten an der Nienburger Brücke, die eigentlich noch im selben Jahr abgeschlossen werden sollten. Es lief aber nicht alles so glatt wie Bandhauer es sich vorgestellt hatte, denn es kam zu verschiedenen Problemen und Verzögerungen. Die meisten Schwierigkeiten machten die Ketten, weil das gelieferte Material nicht immer den gestellten Anforderungen entsprach. Die "Ketten" bestanden eigentlich aus langen Eisenstangen, die mit einer eigens entwickelten Verbindungsvorrichtung versehen waren. Bandhauer stellte fest, dass viele der Eisenstangen Risse hatten, die von der beauftragten Hütte zur Tarnung der Mängel offensichtlich mit schwarzer Ölfarbe angestrichen wurden.
Daraufhin unterzog er jedes einzelne Stück einer Prüfung, die von 40% des Materials nicht bestanden wurde. Die bei der Prüfung zerstörten Eisenstäbe mussten dann in einer fünf Stunden entfernten Schmiede wieder zusammengeschweißt werden. Diese Maßnahmen zur Qualitätssicherung des Eisens kosteten unglaublich viel Zeit - und Geld. In der Zwischenzeit war nämlich auch das angelieferte Holz für die Pylone und die Fahrbahn teilweise vermodert, teilweise gestohlen worden. Bandhauer schaffte es daher nicht, die Brücke vor dem Winter zu beenden und lies die bis dahin montierten Ketten und Planken wieder abnehmen.
Die bewegliche Klappe in Brückenmitte zum Durchlass von Schiffsmasten
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Sobald es das Wetter erlaubte, wurden die Bauarbeiten im Frühjahr 1825 wieder aufgenommen, sodass die Brücke nach weiteren Schwierigkeiten im August fertiggestellt wurde. Die Baukosten waren inzwischen auf insgesamt 8.120 Taler angestiegen und hatten sich somit mehr als verdoppelt. Das Bauwerk hatte eine Gesamtlänge von ca. 118 m und eine Spannweite von knapp 80 m. Das Tragwerk war insgesamt 7,60 m breit und bestand aus der Fahrbahn für Kutschen und Fuhrwerke sowie beidseitigen Gehwegen. Da es zum damaligen Zeitpunkt keine Statik im heutigen Sinne gab, zumal für einen völlig neuen Brückentypus, kam der obligatorischen Belastungsprobe eine ganz besondere Bedeutung zu.
Die erste Probe fand am Abend des 22. August 1825 unter Anwesenheit von zwei Beamten des Justizamtes und einer großen Zuschauermenge statt. Die Nienburger müssen allerdings in Bezug auf die Tragfähigkeit der Brücke zunächst sehr skeptisch gewesen sein, denn Bandhauer sah sich genötigt, die Belastungsprobe am 27. August nachmittags, bei besseren Lichtverhältnissen, noch einmal zu wiederholen. Unter anderem lies Bandhauer ein Fuhrwerk mit 10 Pferden und einer Ladung von 1202 Mauersteinen über die Brücke fahren. Dabei wurde ständig die Durchbiegung in Brückenmitte gemessen, die jedoch nur sehr gering war. Nach dieser erneuten Prüfung waren die letzten Zweifel an der Stabilität der Brücke ausgeräumt, und die Inbetriebnahme für den Allgemeingebrauch wurde auf den 6.September 1825 festgesetzt.
Die Portale bestanden aus hölzernen Doppelpylonen
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Natürlich fand an diesem Tage eine feierliche Einweihungszeremonie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und offizieller Vertreter des Herzogtums statt. Aber ausgerechnet der Herzog selbst und seine Frau, Gräfin Julie von Brandenburg, befanden sich zu dieser Zeit im Ausland und fehlten daher bei den Feierlichkeiten. Da kam es den Nienburgern sehr gelegen, dass sich ihr Landesherr für den 6. Dezember zur Hasenjagd angemeldet hatte, und man wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, um sich angemessen für den Bau der Brücke zu bedanken.
Der ursprüngliche Plan, die Brücke nach Einbruch der Dunkelheit mit einer Art Feuerwerk zu illuminieren, konnte -auch wegen der ablehnenden Haltung Bandhauers- nicht ausgeführt werden. Nach erfolgreicher Hasenjagd kam bei der anschließenden Festveranstaltung wohl eher spontan der Gedanke auf, man könne die Brücke ja zumindest durch einen Fackelzug erhellen. Obwohl der Herzog mit seiner Frau das Fest bereits verlassen hatte, traf dieser Vorschlag auf breite Zustimmung. Es waren mehrere 100 Personen anwesend, nicht nur aus Nienburg, sondern auch aus der Umgebung. Die Nachricht, dass es in Nienburg am Abend vielleicht ein Feuerwerk geben würde, hatte sich schnell herumgesprochen. Die Musikkapelle setzte sich in Bewegung, stimmte ein patriotisches Lied 6 an und die meisten der Teilnehmer folgten der Kapelle auf die Brücke, viele von ihnen mit brennenden Fackeln. Dann kam es durch das Zusammenwirken mehrerer unglücklicher Umstände, zu einer der größten Tragödien in der Geschichte des Brückenbaus.
Anstatt einfach mit der ganzen Menschenmenge über die Brücke zu marschieren, machte die Kapelle mitten auf dem Bauwerk halt, um dem im nahe gelegenen Schloss untergebrachten Herzog ein Ständchen zu bringen. In dieser Situation forderte der Amtsactuarius Nagel 7, der die polizeiliche Ordnung repräsentierte, dazu auf, die Fahrbahn zumindest teilweise frei zu machen. Die meisten Teilnehmer 8 begaben sich daraufhin auf die dem Schloss zugewandte Seite der Brücke, um zu sehen, ob die Huldigungen der Untertanen vom Herzog wahrgenommen wurden. Einige stiegen sogar auf das Geländer, so dass sich immer mehr Menschen auf der linken Brückenhälfte befanden.
Durch dieses Szenario war die Brücke nun sehr ungleichmäßig belastet, wie es im alltäglichen Straßenverkehr nie geschehen konnte. In Längsrichtung war die Brücke nur einseitig bis zur Mitte besetzt und in auch Querrichtung standen alle auf einer Seite. Als sei das nicht schon genug, versuchten offensichtlich einige jugendliche Teilnehmer, das Brückendeck durch rhythmische Bewegungen im Takt der Musik in eine schaukelnde Bewegung zu versetzen.
An der Unglücksstelle steht seit 1999 eine stählerne Bogenbrücke, die nach Bandhauer benannt wurde. Linksseitig der Saale gibt es eine Gedenkplakette für die erste Brücke. © Bernd Nebel |
Zeugen sagten später aus, beim Singen der ersten Strophe habe es einen lauten Knall gegeben, wie von einem Schuss aber man habe zunächst keinen Schaden feststellen können. Nach der zweiten Strophe hätten die Ketten zu "klirren" begonnen und einige Teilnehmer hätten es gerade noch ans rettende Ufer geschafft. Aber dann ging alles ganz schnell: auf der heillos überlasteten Brückenseite rissen die drei Rückverankerungsketten, weil sie in diesem Moment den größten Teil der Last zu tragen hatten. Nur Sekundenbruchteile später rissen auch die Rückhalteketten der zweiten Säule und das gesamte Portal fiel auf das Tragwerk, das praktisch im gleichen Moment mitsamt der Kapelle und vielen Feiernden in die Saale stürzte. Die andere Brückenhälfte blieb dabei völlig unversehrt.
Die abgestürzte Fahrbahnhälfte wurde in zwei Teile zerissen und trieb stromabwärts. Einige der Opfer konnten sich auf die Trümmer retten und entgingen so vielleicht dem Tod durch Ertrinken oder Erfrieren. Aber viele trieben auch hilflos im Wasser, und man schickte sofort alle verfügbaren Boote zur Bergung der Verletzten los. Das Wasser war Anfang Dezember natürlich sehr kalt und auch die Dunkelheit erschwerte die anlaufenden Rettungsaktionen erheblich. Letzten Endes waren 55 Tote zu beklagen, die teilweise erst Tage später stromabwärts gefunden wurden. Aber noch größer war die Zahl der Verletzten und man zog sofort alle verfügbaren Ärzte an der Unglücksstelle zusammen.
In den nächsten Tagen fanden zahlreiche Beerdigungen in Nienburg statt, allein am 9.Dezember waren es insgesamt 16 Bestattungen. Die Nachricht von der Katastrophe verbreitete sich schnell und dürfte auch bei in- und ausländischen Fachkreisen große Aufmerksamkeit erregt haben. In der Öffentlichkeit gab man sehr schnell Bandhauer die Schuld an dem Unglück und die Justizbehörde leitete eine langwierige Untersuchung des Unfalls ein. In der Zwischenzeit versuchte Bandhauer seine Ehre mit der Verteidigungsschrift "Verhandlungen über die artistische Untersuchung des Baues der Hängebrücke über die Saale bei Mönchen-Nienburg" zu retten. Deren Veröffentlichung wurde allerdings vom Herzog vorläufig untersagt, weil zu diesem Zeitpunkt die Umstände der Katastrophe und die Schuldfrage noch nicht abschließend geklärt waren.
Die St. Marienkirche in Köthen wurde nach dem Einsturz eines Gerüstes ohne den von Bandhauer geplanten Turm vollendet © Bernd Nebel |
Die eingesetzte Kommission aus Sachverständigen 9 wies schwere Qualitätsmängel bei den zerborstenen Ketten nach, die von der Eisenhütte Rübeland aus dem Herzogtum Braunschweig geliefert worden waren. In Bezug auf Bandhauer kam die "Königl. Großbritannisch-Hannoversche Juristen-Facultät" im Februar 1829 aber zu dem Schluss, kein Strafverfahren einzuleiten. Der Baumeister könne für das Unglück nicht verantwortlich gemacht werden, weil er eine so unvernünftige Belastung seiner Brücke nicht habe vorhersehen können.
Damit war Bandhauer voll rehabilitiert und konnte weiter als Baumeister für den Herzog arbeiten. Obwohl er sich energisch für den Wiederaufbau "seiner" Brücke einsetzte, wurde die intakte Brückenhälfte schließlich abgetragen und der Verkehr über die Saale zunächst durch eine Schiffsbrücke sichergestellt. Im Jahre 1892 begann der Bau einer Ersatzbrücke, die zu Ehren des neuen Landesherrn "Herzog-Friedrich-Brücke" hieß. Als diese Brücke den steigenden Anforderungen nicht mehr gewachsen war, wurde im Jahre 1999 eine dritte Brücke errichtet, die nun den Namen "Bandhauerbrücke" trägt.
Bandhauers Ruf als Architekt und Baumeister war trotz des Freispruchs arg ramponiert und er musste sich in der Folgezeit ständig mit Kritik und Anfeindungen auseinandersetzen. Offensichtlich hatten aber auch seine Psyche und die Gesundheit unter den Folgen des Prozesses gelitten. Dennoch versuchte er alles, um seine Stellung als angesehener Baurat in der Öffentlichkeit wieder herzustellen.
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Endgültig zur tragischen Person wurde Bandhauer, als es bei den Bauarbeiten für die St. Marienkirche in Köthen zu einem weiteren Unfall kam. Am 2. Juli 1830 stürzte das für den Bau des Turmes errichtete Gerüst ein, wobei sechs Arbeiter getötet und sieben weitere schwer verletzt wurden. Bandhauer wurde als der verantwortliche Bauleiter sofort festgenommen, seines Amtes als Baurat enthoben und wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Nur ein gutes Jahr nach dem Freispruch wegen des Brückeneinsturzes, sah er sich erneut einem langwierigen Prozess ausgeliefert.
Nach 12 Tagen Haft und Zahlung einer Kaution kam er frei, durfte aber das Herzogtum bis auf Weiteres nicht mehr verlassen. Der Prozess gestaltete sich sehr langwierig und wurde erst im Jahre 1834 eingestellt. Gleichzeitig wurde ihm aufgrund des Armenrechts (eine Art Sozialhilfe) eine jährliche Zuwendung von 400 Talern gewährt. Dies entsprach etwa 5 % seines ehemaligen Einkommens als Baurat. Mit diesen bescheidenen Mitteln war Bandhauer kaum dazu in der Lage, seine zwischenzeitlich gegründete Familie zu ernähren.
Verbittert und von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet starb Bandhauer am 22. März 1837. Es war sein 47. Geburtstag. Er hinterließ vier Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren und seine 29-jährige Frau Luise Friederike, die ihm nur vier Monate später ins Grab folgte.
1 für 1815 werden 15 Quadratmeilen als Staatsgebiet angegeben
2 damals war die Schreibweise noch 'Cöthen'
3 vermutlich war die Sophienbrücke über die Donau gemeint, die 1825 von Johann von Kudriaffsky errichtet wurde
4 "Naviers Abhandlung über Kettenbrücken" von Johann F.W. Dietlein, Berlin 1825
5 Der vollständige Titel der Veröffentlichung lautet: "Angabe einer ganz besonderen Hangewerksbrücke welche mit wenigen und schwachen Holz, ohne im Bogen geschlossen, sehr weit über einen Fluß kann gebauet werden, die größten Lasten trägt, und vor den stärksten Eisfahrten sicher ist." von Carl Immanuel Löscher, Leipzig 1784
6 "Heil dir oh Ferdinand", nach der Melodie der britischen Nationalhymne
7 Amtsactuarius Wilhelm Nagel war einer der wichtigsten Geldgeber für die Brücke. Er kam bei dem Unglück selbst ums Leben.
8 Die Schätzungen über die auf der Brücke befindliche Menschenmenge differierten in den späteren Untersuchungen zwischen 200 und 307 Personen.
9 Das Urteil über einen Berufskollegen zu sprechen war offensichtlich nicht sehr beliebt, denn mehrere "berühmte Baumeister" lehnten dankend ab, darunter Eytelwein aus Berlin und Moller aus Darmstadt. Schließlich übernahmen der Landbaumeister Königsdorf aus Dresden und Maschinendirector Christian Friedrich Brendel aus Freiburg diese heikle Aufgabe.
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