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"Die Brücke über die Drina" - Ivo Andric
Andric´s Werk um die Geschichte einer Brücke, die vier Jahrhunderte lang Abend- und Morgenland miteinander verband, ehe sie im Ersten Weltkrieg zerstört wurde, gehört zu den großen Romanen der Weltliteratur.
Inhalt: Um die steinerne Brücke über die Drina, jenen Fluss auf dem Balkan, der inmitten Europas Bosnien von Serbien, aber auch Okzident und Orient trennt, kreist das Geschehen in der Stadt ViŠsegrad. Die Brücke, so erzählt Andric´, sei im 16. Jahrhundert auf Geheiß des osmanischen Großwesirs Sokolovic gebaut worden, der einst als Knabe aus dieser Region nach Stambul verschleppt worden war. In langjähriger harter Fronarbeit schlagen die Menschen die elfbogige weiße Brücke über den reißenden Fluss. Seine Krönung findet das Bauwerk in einer weit ausholenden, im Scheitelpunkt gelegenen Terrasse, die rasch zum Mittelpunkt des Lebens und Treibens in Stadt und Region wird.
Als ruhender Pol geleitet die Brücke den Leser durch bewegte Zeiten: durch Glanz und Verfall des Osmanischen Reiches, österreichische Besatzung und serbischen Freiheitsdrang bis zum Anbruch jener neuen, modernen Zeit, die der Brücke das Ende bringen sollte – 1914. Gleich nach Beginn des Ersten Weltkriegs sprengen österreichische Pioniere beim Rückzug vor den Serben den Mittelpfeiler in die Luft. In der Zerstörung der Brücke kündigt sich eine Epoche an, in der alles, wofür das Bindeglied zwischen Völkern und Welten stand, zerstört wird.
Einzelschicksale auf und an der Brücke erlangen gleichnishafte Bedeutung. Ein Aufrührer wird auf der Terrasse gepfählt, eine unglückliche Braut springt während des Hochzeitszugs über die Brüstung, Würdenträger der Völkerschaften bereden dort die Bedingungen ihres Zusammenlebens. Die strategische Bedeutung der Brücke zieht die Menschen in die Konflikte zwischen den ethnischen und politischen Fronten. In der Geschichte der Brücke spiegelt sich die Geschichte Bosniens, des Balkans und der Welt. Es ist das wahre Leben, rätselhaft und schön, schmerzlich und versöhnlich in einem.
Der Mann, der die Brücke über die Drina bauen ließ, hegte den Wunsch, Abend- und Morgenland zu verbinden. Die Brücke wird Zeuge der großen Auseinandersetzungen zwischen Orient und Okzident, erlebt den Rückzug der Türken und die Ausbreitung des österreichisch-ungarischen Reiches. 1914 wird sie zerstört. Dieses wohl berühmteste Werk des Nobelpreisträgers will zur Versöhnung beitragen. Es erklärt die Widersprüche, die das Land der Kroaten und Serben, der Bosniaken und Mazedonier zerreißen. |