Die Steinerne Brücke

Regensburg / Deutschland

Ansicht Steinerne Brücke
Die Steinerne Brücke aus Richtung Osten (unterstromseitig) fotografiert. Ein Floss hat soeben die Steinerne Brücke passiert.
Links im Bild der einzige verbliebene Brückenturm und der historische Salzstadl.

Brief summary:

The Stone Bridge in Regensburg is the oldest preserved and still usable bridge in Germany. After the fall of the Roman Empire, it was one of the first new stone bridges north of the Alps. For many centuries, it was also the only fixed crossing over the Danube for miles around.

Die Steinerne Brücke in Regensburg ist die älteste erhaltene und heute noch benutzbare Brücke in Deutschland. Nach dem Untergang des Römischen Imperiums war sie eine der ersten neuen Steinbrücken nördlich der Alpen. Für viele Jahrhunderte war sie auch weit und breit der einzige feste Übergang über die Donau.

Die exponierte geografische Lage Auf einer Länge von etwa 3 km teilt sich hier die Donau in mehrere Ströme und formt in diesem Bereich drei Inseln, die von den Armen der Donau und dem aus Richtung Norden einmündenden Regen eingefasst werden (siehe OpenStreetMap). der Stadt Regensburg begünstigte schon etwa um 3000 v.Chr. erste menschliche Ansiedlungen an der Donau. Aus der Regierungszeit von Kaiser Mark Aurel ist an dieser Stelle ein römisches Militärlager nachweisbar (ca. 175 n.Chr.). Aufgrund der strategisch günstigen Lage zwischen den Donauarmen und dem Nebenfluss Regen kann vermutet werden, dass die Römer hier auch die erste Brücke über die Donau schlugen oder zumindest eine Furt militärisch sicherten.

Schedelsche Weltchronik
Die älteste bildliche Darstellung der Steinernen Brücke (Ausschnitt). Im
Hintergrund ist der noch im Bau befindliche Dom erkennbar. In der Donau
schwimmt eine Wassermühle, die mittels Ketten in der Flussmitte fixiert ist.
Im Vordergrund die Sicherung des Brückenkopfes auf Stadtamhofer Seite.
Der "Schwarze Turm" in Stadtamhof ist offensichtlich noch nicht vorhanden.

Die sich aus dem Römerlager entwickelnde Ansiedlung wuchs bis zum 11. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten und reichsten Städte auf dem Gebiet des heutigen Deutschland heran. Durch internationalen Fernhandel, insbesondere mit Salz, erlangte die Stadt Einfluss und Wohlstand. Um den Handel nicht nur auf den Flüssen sondern auch auf dem Landweg in alle Himmelsrichtungen zu sichern, war eine zu jeder Jahreszeit benutzbare Brücke von unschätzbarem Wert. Dies gilt umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt in erreichbarer Entfernung weder stromab- noch stromaufwärts eine feste Donaubrücke bestand. Zwar scheinen einige mittelalterliche Holzbrücken existiert zu haben, die jedoch immer wieder durch Hochwasser, Eisgang oder Feuer zerstört wurden.

Die Gründe für den Bau einer festen Brücke in Regensburg waren weder militärisch geprägt, noch von der damals allmächtigen Kirche beeinflusst, etwa um Pilgerwege zu erleichtern. Die Initiative für den Bau dieses komplizierten und kostspieligen Bauwerkes dürfte - für die damalige Zeit höchst ungewöhnlich - vor allem aus dem Bürgertum gekommen sein, vor allem von den Kaufleuten. Durch eine "feste" Brücke konnte man den Verlauf der wichtigen Handelsrouten langfristig an die Stadt binden. Ganz sicher ist es heute nicht mehr nachvollziehbar, aber es dürfte sich wohl - zumindest teilweise - um eine privat organisierte und ökonomisch begründete, gewaltige Investition in die Zukunft gehandelt haben.


Das Wissen der Römer ging verloren

Die Leistungen der römischen Militäringenieure im Brückenbau, insbesondere beim Bau von Steinbogenbrücken, sind legendär. Sie kannten einen wasserfesten Beton mit vulkanischen Aschen als Bindemittel, der es ihnen ermöglichte, Stützpfeiler (oder auch Hafenanlagen) im offenen Wasser zu gründen. So konnten sie Bauwerke errichten, die zum Teil bis heute, also seit über 2000 Jahren, bestehen. Aber genauso wie in vielen anderen Bereichen der Technik gingen auch die römischen Fähigkeiten im Brückenbau verloren. Erst 1755 gelang es dem Briten John Smeaton, Smeaton war dabei einen Leuchturm bei Eddystone vor der Küste Cornwalls zu bauen, als er bei den Vorbereitungen für die Gründung mit gebranntem Kalk und Ton experimentierte und so das erste wasserfeste, selbsterhärtende Bindemittel der Neuzeit herstellte. eine neue Rezeptur für einen wasserfesten Mörtel zu entwickeln.

Über viele Jahrhunderte konnte in Europa keine einzige Brücke gebaut werden, die mit den römischen Bauwerken vergleichbar gewesen wäre. Allerdings profitierte man vielerorts noch lange von den hinterlassenen römischen Bauwerken. Doch schon die Unterhaltung und Instandsetzung der römischen Brücken nach Beschädigungen im Krieg oder durch Hochwasser, bereitete enorme Schwierigkeiten. Da wo man sich nicht mit der Benutzung einer Furt begnügen wollte oder konnte (Städtenamen wie Erfurt, Schweinfurt, Frankfurt usw. erinnern daran), wurden einfache Holzbrücken gebaut, die jedoch bei Hochwasser und Eisgang regelmäßig zerstört wurden. Auch die zahlreichen Fähren waren stark vom Wetter abhängig und mussten häufig den Betrieb einstellen.

Eine der ältesten mittelalterlichen Steinbogenbrücken im deutschsprachigen Raum dürfte die Drususbrücke in Bingen gewesen sein, die aber außer ihrem Namen keinen wirklichen Bezug mehr zum römischen Imperium hatte. Das über die Nahe führende Bauwerk soll schon Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden sein. Durch mehrmalige Zerstörungen bei militärischen Auseinandersetzungen ist von der ursprünglichen Bausubstanz heute nicht mehr viel erhalten. Eine weitere Steinbogenbrücke gibt es seit dem frühen 12. Jhd. in Würzburg. Allerdings wurde auch bei der "Alten Mainbrücke" der ursprüngliche Zustand schon erheblich verändert.


Neubeginn im 12. Jahrhundert

Zu den wenigen europäischen Bauwerken, die mit dem Alter und der Beschaffenheit der Steinernen Brücke vergleichbar waren, gehörte die Judithbrücke in Prag, die 1171 fertiggestellt wurde, jedoch im Juli 1342 der berüchtigten Magdalenenflut Die Magdalenenflut am 22. Juli 1342 war bis heute die größte überlieferte Hochwasserkatstrophe in Mitteleuropa. Dabei wurden zahllose Brücken, Mühlen, Häfen und weitere Infrastrukturanlagen zerstört. Zu den Schäden müssen auch gewaltige Bodenerosionen gerechnet werden, die in den folgenden Jahren zu Missernten führten. Es folgten großflächige Hungersnöte und Epidemien. zum Opfer fiel. An ihrer Stelle befindet sich heute die berühmte Karlsbrücke. Eine frühe Steinbogenbrücke gab es auch in Dresden, mit deren Bau sogar schon früher als bei der Steinernen Brücke begonnen wurde. Durch Kriege, Hungersnöte und finanzielle Schwierigkeiten konnte sie jedoch erst nach der Steinernen Brücke im Jahr 1220 fertiggestellt werden. Auch die beeindruckende Elbebrücke in Dresden wurde von der Magdalenenflut zerstört. In Avignon (Frankreich) vollendeten die "Brückenbrüder", das war eine Gruppe von Mönchen die sich mit Brückenbau beschäftigten, im Jahre 1188 eine Steinbogenbrücke über die Rhone. Sie bestand fast 500 Jahre, bevor sie 1670 bei einem Hochwasser so stark beschädigt wurde, dass sie teilweise einstürzte. Die Überreste sind noch heute eine bekannte Sehenswürdigkeit Avignons und werden in dem auch in Deutschland bekannten Lied "Sur le pont d´Avignon" besungen.

Stich von Merian (1644)
Der Stich von Matthäus Merian zeigt das Aussehen der Brücke im Jahr 1644.
Einer der 16 Bögen ist bereits überbaut aber noch sind alle drei Brückentürme vorhanden.

Die Steinerne Brücke in Regensburg ist also die erste nach dem 2. Jhd. entstandene große Steinbogenbrücke nördlich der Alpen, die bis heute im Wesentlichen in ihrer ursprünglichen Bausubstanz besteht. Sie ist schon deshalb etwas Besonderes, weil sie den zahlreichen Beschädigungen durch Hochwasser, Eisgang, Krieg und dem starken Verkehr bis zum heutigen Tage trotzt. Schon nachdem sie etwa 200 Jahre nach ihrer Entstehung die zerstörerische Magdalenenflut überstanden hatte, war den Menschen des Mittelalters klar, dass es sich um ein ganz besonders solides Bauwerk handeln musste.

Leider ist uns weder der Name des Baumeisters überliefert, noch stehen die ursprünglichen Auftrag- und Geldgeber zweifelsfrei fest. Nachweisen lässt sich aber die Anwesenheit ausländischer Handwerker in der Stadt. Wie historische Gerichtsakten aus der damaligen Zeit belegen, hielten sich zurzeit des Brückenbaus Baufachleute aus der Gegend um den Comer See, die sogenannten "Magistri Comacini", in der Stadt auf. Man kann davon ausgehen, dass die Spezialisten aus Italien beim Brückenbau entscheidend mitgewirkt haben.


Der Bau der 'Stainern Pruckn'

Nach neueren Erkenntnissen der Archäologie (Dallmeier, 2009) war die Brücke ursprünglich etwa 380 m lang und hatte 16 Bögen mit Spannweiten zwischen 10,50 und 16,70 m. Heute sind nur noch 309 m Länge und 15 Bögen sichtbar, weil ein Bogen auf Regensburger Seite bereits um 1620 überbaut wurde. Insofern zeigt der berühmte Stich von Matthäus Merian (1644) schon die deutlich verkürzte Brücke. Interessanterweise bildet die Brückentrasse in der Draufsicht keine gerade Linie zwischen den Widerlagern, sondern einen Bogen. Lange Zeit war man geneigt, diese Tatsache den mangelnden Fähigkeiten der damaligen Bauleute zuzurechnen. Wie man heute jedoch weiß, war diese Linienführung wohlbedacht und die exakte Vermessung und Ausführung dieser Trasse verdient daher unsere höchste Anerkennung.

Man war sich vollkommen darüber im Klaren, dass die Gründung der Pfeiler im Flussbett der schwierigste, zugleich aber auch der für die Standfestigkeit der Brücke entscheidende Teil der Bauarbeiten war. Schaffte man es nicht die Gründungssohle tief genug zu legen, konnten die Pfeiler leicht unterspült werden und so die ganze Brücke zum Einsturz bringen, so wie es andernorts schon häufig geschehen war.

Gerade bei der Gründung der Flusspfeiler wird aber der technische Rückschritt gegenüber den Fähigkeiten der Römer und der Verlust dieses Expertenwissens über die Jahrhunderte deutlich. Während die Römer mit ihrem Kastendamm und wasserfestem Mörtel dazu in der Lage waren, auch mitten in einem Flussbett einen Pfeiler zu gründen, war man im 12. Jahrhundert auf bestimmte Witterungsbedingungen angewiesen. Die Bauarbeiten begannen im Sommer des Jahres 1135, als die Donau nach einer lang anhaltenden Trockenperiode sehr wenig Wasser führte. Die verbliebenen Rinnsale konnte man leicht umleiten, sodass man an der jeweiligen Baustelle gute Arbeitsbedingungen hatte. Sicher war der Baubeginn aber schon längere Zeit vorbereitet worden und man hatte nur noch auf die richtigen Wetterbedingungen gewartet.

Jeder Pfeiler der Steinernen Brücke ist auf einer wuchtigen Insel aus großen Steinquadern aufgemauert, die man in Regensburg "Beschlächte" nennt. Die Fundierung der Beschlächte erfolgte mittels Flachgründung, indem sogenannte Balkenroste aus Eichenholz flach auf dem fast trockenen Flussbett ausgelegt wurden. Einen solchen Balkenrost kann man sich wie ein sorgfältig gezimmertes aber liegendes Fachwerk vorstellen. Auf dieser Grundlage wurden schwere, nur grob behauene Steine aufgeschichtet, die mangels wasserfestem Mörtel nicht miteinander verbunden werden konnten, sondern nur aufgrund ihres Eigengewichtes den Wassermassen standhalten mussten.

Napoleon nimmt Regensburg ein
Die Einnahme der Stadt Regensburg durch die Truppen Napoleons am 23. Mai 1809. Viele
Gebäude der Stadt stehen bereits in Flammen. Die Brücke und der Fluss sind dicht mit
vorrückenden Soldaten gefüllt.
Bei den Gefechten wurde der 'schwarze Turm' in Stadtamhof (links) so schwer
beschädigt, dass er ein Jahr später vollständig abgebrochen werden musste.

Ob auch Fangedämme verwendet wurden um die Baustellen der einzelnen Beschlächte einzufassen, ist unbekannt. Diese Gründungsart alleine wäre trotzdem völlig unzureichend gewesen, um dem nun schon 900 Jahre andauernden Angriff der Fluten zu widerstehen. Zwangsläufig hätten sich Kolke gebildet und es wäre zum Unterspülen der Beschlächte gekommen, was den Einsturz der anschließenden Bögen zur Folge gehabt hätte.

Weil die Brücke über mehrere Arme der Donau führt, mussten von den ehemals 15 Pfeilern nur 13 direkt im Wasser gegründet werden (siehe auch Stich von Merian). Die Pfeiler haben Breiten zwischen 5,80 und 7,40 m. Da die Bögen Spannweiten von maximal 16,70 m haben, ergibt sich ein Verhältnis der Pfeilerstärke zur Bogenspannweite von etwa 1:2,5 bis 1:3. Im Steinbrückenbau war dieses Verhältnis eine wichtige Größe und Gegenstand von Bauvorschriften bzw. 'Erfahrungswerten' der damaligen Baumeister. Das hier angesetzte Verhältnis führte zu einem äußerst wuchtigen Bauwerk, also sehr breiten Pfeilern bei relativ kleinen Bogenspannweiten. Das Verhältnis zwischen Pfeilerstärke und Bogenspannweite wurde in den nachfolgenden Jahrhunderten immer weiter optimiert. So z.B. von Gautier auf 1:5 (ca. 1690) und von Perronet, einem Meister des Steinbrückenbaus, sogar auf 1:12 (1750). Die Spannweiten nahmen also immer weiter zu und die Pfeiler wurden umso schlanker. Dadurch wurde das Erscheinungsbild der Steinbrücken in späteren Jahrhunderten immer 'leichter' und eleganter.

Bei der Steinernen Brücke führten die gewaltigen Beschlächte zu einer zusätzlichen Einengung des Flussbettes, denn sie hatten ursprünglich Abmessungen von bis zu 20 m Breite und 65 m Länge. Dadurch reduzierte sich das zur Verfügung stehende Abflussprofil Die Summe aller Bogenspannöffnungen betrug 209,10 m aber die Beschlächte engten die Durchflussweite auf 95,10 m ein. enorm, was einen Anstieg der Fließgeschwindigkeit und die Bildung von Strudeln zur Folge hatte. Die hohe Fließgeschwindigkeit hatte aber auch Vorteile und so siedelten sich schon bald nach Fertigstellung der Brücke mehrere Mühlen auf den Beschlächten an, um die starke Strömung zwischen den Pfeilern auszunutzen.


Markante Details

Zum Gesamtensemble der Steinernen Brücke gehörten auch einige Ausstattungsdetails, die im Laufe der Jahrhunderte - wie die Brücke insgesamt - einem ständigen Wandel unterworfen waren. Da sind zunächst einmal die besonders markanten Brückentürme, die im Mittelalter verschiedene Funktionen hatten. Neben der Sicherung der Brückenköpfe wurden dort häufig auch Gefängnisse untergebracht oder sie dienten als 'Schuldturm'.

Heute ist nur noch der südliche Brückenturm auf Regensburger Seite vorhanden, aber ursprünglich gab es noch zwei weitere Türme. Auf der nördlichen Seite (damals: Stadt am Hof, heute Stadtamhof) wurde die Brücke vom "Schwarzen Turm" begrenzt. Bei der Eroberung der Stadt durch napoleonische Truppen im Jahre 1809 wurde der Schwarze Turm schwer beschädigt und im darauf folgenden Jahr vollständig abgebrochen. Ein weiterer Turm befand sich bis in das Jahr 1784 auf einem der mittleren Pfeiler.

Außerdem gab es noch weitere Aufbauten auf der Brücke, wie eine Kapelle und sogenannte "Türgerichte", die aber heute verschwunden sind. Einzig das "Bruckmandl", dessen Bedeutung bisher nicht sicher geklärt werden konnte, befindet sich noch heute auf der Brücke. Diese Steinplastik eines mit Badehose bekleideten Jungen ist seit 1446 nachweisbar und den Regensburgern offensichtlich so wichtig, dass sie bereits mehrmals erneuert wurde. Ein Fragment der originalen Plastik befindet sich heute in einem Regensburger Museum.


Die wechselvolle Geschichte der 'Stainern Pruckn'


Blick aus dem Brückenturm
Blick aus dem Fenster des Brückenturms. Das Foto
wurde 2019, nach der umangreichen Sanierung auf-
genommen. Im Hintergrund, am nördlichen Ufer der
Donau, Stadtamhof. Wie man sieht verläuft die
Brücke nicht genau in einer geraden Linie.

Was hat sie nicht alles erlebt und ertragen, die 'Stainern Pruckn', z.B. durchziehende und plündernde Kreuzzugsheere auf dem Weg nach Jerusalem (1096: Gottfried von Boullion, 1147: Konrad III., 1189: Friedrich I. Barbarossa). Auch im 15 Jahrhundert zogen während der 'Venezianischen Türkenkriege' diverse Truppen durch die Stadt und über die Brücke. Im Dreißigjährigen Krieg sah man sich 1630 gezwungen, einen der Brückenbogen zu sprengen, als die Schweden auf die Stadt vorrückten. Aber genauso wie in ähnlichen Fällen stellte sich heraus, dass die freiwillige Zerstörung der Brücke sinnlos war, denn auch in Regensburg konnte die Einnahme der Stadt durch den Feind nicht verhindert werden.

Drei Jahre später wurde der Bogen 'provisorisch' durch eine Zugbrücke ersetzt, die dann aber doch bis 1791 bestand. Erst als man Schäden an den benachbarten Bögen feststellte, denen der Gegendruck fehlte, wurde die Lücke wieder durch einen Steinbogen geschlossen. Im Jahre 1809 tobten die Koalitionskriege gegen Napoleon die zu einer erneuten Besetzung der Stadt führten, diesmal durch Österreich. Und dann kam schließlich der zweite Weltkrieg, als schwere Panzer über die Brücke rollten und das Bauwerk nur knapp seiner Zerstörung entging.

Aber auch die Donau setzte dem Bauwerk immer wieder schwer zu. Von den Chronisten wurden im Laufe der Jahrhunderte mindestens 30 größere Hochwasserereignisse registriert. Mehrmals kam es dabei zu schweren Beschädigungen. So im Juli 1342 durch die schon erwähnte Magdalenenflut. Ende des 18. Jhd. führte eine kurzfristige Klimaänderung Ausgelöst durch die Öffnung der Lakispalte auf Island war der Winter 1783/ 84 in ganz Europa außergewöhnlich lang und hart. Ende Februar/ Anfang März 1784 trafen schnell ansteigende Temperaturen mit heftigen Regenfällen zusammen, was zu massivem Hochwasser mit Eisgang auf allen Flüssen Nord- und Mitteleuropas führte. Durch dieses Naturereignis wurden fast alle Brücken auf den großen Flüssen Deutschlands in Mitleidenschaft gezogen. zu einem außerordentlich harten Winter, der im Februar/ März 1784 in einem katastrophalen Hochwasser mit Eisgang auf allen nordeuropäischen Flüssen kulminierte. Davon betroffen war auch die Steinerne Brücke: am 28. Februar 1784 traf ein heftiger Eisstoß die Brücke und brachte den mittleren Turm zum Einsturz. Auch sämtliche Mühlen auf den Beschlächten fielen diesem Naturereignis zum Opfer.


Gefahr für die historische Brücke

Nachdem sie dies alles mehr oder weniger unbeschadet überstanden hatte, wäre es zu Beginn des 20. Jahrhunderts beinahe doch noch um die Brücke geschehen gewesen, als eine Linie der städtischen Straßenbahn nach Stadtamhof geplant wurde. Die Durchfahrt unter dem letzten vorhandenen Brückenturm war zu eng für die Bahn und besonders 'fortschrittliche' Zeitgenossen forderten aus diesem Anlass die Steinerne Brücke abzureißen und durch ein modernes Betonbauwerk zu ersetzen. Glücklicherweise konnte sich diese Idee aber nicht durchsetzen. Stattdessen fand man eine Möglichkeit die Straßenbahn außen am Turm vorbeifahren zu lassen, indem man ein zweites, größeres Portal daneben setzte.

Wie so viele andere Brücken in Deutschland wurde auch die Steinerne Brücke während des zweiten Weltkrieges erheblich beschädigt. Am 23.April 1945 sprengten deutsche Truppen den zweiten und elften Pfeiler, um das Vorrücken der alliierten Streitkräfte zu verzögern. Dadurch wurden vier Bögen zum Einsturz gebracht. Dieser barbarische Akt brachte natürlich keinen wirklichen strategischen Vorteil, aber die Beschädigungen der Joche und Beschlächte waren beträchtlich.

In Anbetracht der historischen Bedeutung der Steinernen Brücke ist es heute kaum nachvollziehbar, dass es nach dem zweiten Weltkrieg erneute Bestrebungen gab, die Brücke vollständig abzureißen. Auch diesmal konnte sich diese Idee am Ende nicht durchsetzen. Es dauerte aber bis in die 1950er Jahre hinein, eine umfassende Sanierung durchzuführen und die Kriegsschäden zu beheben. Im Zuge dieser Arbeiten wurden die Beschlächte auf maximal 10 m Breite zurückgebaut, was zu einer deutlichen Beruhigung der Strömungsverhältnisse im Bereich der Brücke führte.

Nach der Sanierung wurden die Straßenbahngeleise entfernt. Dafür nahm aber nun die Belastung durch den immer stärker werdenden Individualverkehr erheblich zu. Viele Tausend PKW und Lastkraftwagen rollten nun Tag für Tag über die altehrwürdige Brücke und setzten der historischen Bausubstanz enorm zu. Schließlich hatten die Politiker ein Einsehen und entschieden bereits 1997 den motorisierten Individualverkehr auf der Brücke zu verbieten. Von da an durften neben Fußgängern und Radfahrern nur noch Stadtbusse und Taxis die Brücke benutzen.

Am 13. Juli 2006 nahm die UNESCO das Gesamtensemble der "Altstadt Regensburg mit Stadtamhof" als Welterbestätte in die Welterbeliste Gemeinsam mit anderen Städten in Österreich und Deutschland ist Regensburg mit dem "Donaulimes" seit Juli 2021 Inhaber eines zweiten UNESCO-Welterbes. auf. Der wichtigste Grund für diese Ehrung war die Architektur der Stadt, die sowohl Regensburgs Funktion als mittelalterliches Handelszentrum dokumentiert, als auch ihre außerordentliche Stellung im Heiligen Römischen Reich. Natürlich spielte auch die Steinerne Brücke als Verbindungsglied von Regensburg und Stadtamhof eine entscheidende Rolle für diese Auszeichnung.


Alte Bausubstanz in neuem Glanz


Das Bruckmandl
Das volkstümliche "Bruckmandl" wurde bei der Brücken-
sanierung ebenfalls erneuert. Ein Fragment der originalen
Plastik befindet sich heute in einem Regensburger Museum.

Aber auch die bis zu 28 Tonnen schweren Gelenkbusse belasteten das Bauwerk weiterhin schwer. Als ein Gutachten vor allem wegen der instabilen Brüstungen die Verkehrssicherheit auf der Brücke in Frage stellte, wurde auch der Bus- und Taxiverkehr eingestellt (2008). Seitdem sind die Fußgänger und Radfahrer unter sich, was gerade auch für die Touristen zu einem ganz neuen und schöneren 'Brückenerlebnis' führte.

Obwohl die Steinerne Brücke nun ihren wesentlichen Verkehrszweck verloren hatte, dachte niemand mehr daran - so wie in früheren Zeiten - auf das Bauwerk zu verzichten, denn die Steinerne Brücke war inzwischen, neben dem Dom, die bekannteste Sehenswürdigkeit Regensburgs. Da man sich nun über das generelle Zukunftskonzept für die Steinerne Brücke einig war, konnte man sich jetzt einer erneuten, umfassenden Sanierung zuwenden. Diese musste nun aber keine Rücksicht mehr auf Verkehrstauglichkeit und Tragfähigkeit für schwere Verkehrsarten nehmen, sondern konnte sich eher von dem Versuch einer Rekonstruktion des historischen Zustandes leiten lassen. Dabei wurde ein enormer Aufwand betrieben, sowohl in logistischer, als auch in finanzieller Hinsicht.

Nun trafen die modernsten Sanierungsmethoden auf die Bausubstanz der mittelalterlichen Steinmetzkunst. Für viele Probleme mussten individuelle Lösungen gefunden werden, weil es dafür nirgendwo Vorbilder gab. Wie groß diese Aufgabe wirklich war, zeigte sich erst im Laufe der Bauarbeiten, mit denen 2010 begonnen wurde. Eigentlich sollte die Sanierung schon 2014 abgeschlossen werden aber immer wieder kam es zu unvorhersehbaren Verzögerungen. So dauerte es bis zum Sommer 2019, bis alle Arbeiten beendet waren.

Da man schon einmal dabei war, wurde auch das 'Bruckmandl' abgenommen um es von Grund auf zu sanieren, denn ihm war in der Zwischenzeit aus unbekannten Gründen ein Arm abhanden gekommen. Der enorme Aufwand für die Brückensanierung hat sich aber ohne jede Frage gelohnt. In den letzten Jahren hat sich rund um die Brücke, besonders in den Sommermonaten, ein quirliges Treiben entwickelt. Die Auen der Donau werden - vor allem von jungen Leuten - zum Sport treiben, Sonnenbaden, Picknicken und weiteren Freizeitaktivitäten genutzt. Dadurch ist sie heute mehr denn je zu einem der zentralen Orte der Stadt Regensburg geworden.

Wer morgens früh genug unterwegs ist, bevor der tägliche Trubel beginnt und genug Fantasie besitzt, kann vor seinem inneren Auge sicherlich so manche historische Szene in Erinnerung rufen, die sich hier einst zugetragen hat: etwa Landsknechte im 30-jährigen Krieg, die mit ihren Hellebarden über die Brücke ziehen, Kreuzzugsheere auf dem Weg nach Jerusalem, die Truppen Napoleons bei der Einnahme der Stadt und vieles mehr. Die Steinerne Brücke ist mit ihrer fast 900-jährigen Geschichte heute ein Kulturgut ersten Ranges, weit über die Grenzen Regensburgs hinaus. Sie ist das, was man eine "Ikone" nennt.

Quellen: Interne Links:
  • Heinrich J.T. Boeßner: "Die Steinerne Donau-Brücke zu Regensburg". [Sulzbach 1830].
  • Franz Rziha: "Die steinerne Brücke bei Regensburg".
    Allgemeine Bauzeitung, Wien; Jahrgang 1878, Seite 35
  • Lutz Michael Dallmeier: "Schwarzer Turm, Salzstadel und Hafenkanal - Archäologische Forschungen an den beiden Brückenköpfen der Steinernen Brücke in Regensburg".
    Veröffentlicht in: "Archäologie der Brücken". [Regensburg 2011].
  • Rudolf Floss: "Fundierung alter Brücken", veröffentlicht in "Beiträge zur Geschichte des Bauingenieurwesens. Heft 5: Vorträge im Wintersemester 1993/94". [Technische Universität München, 2. Auflage 1998].
  • Max Emanuel Frick: "Die Steinerne Brücke: Weltwunder des Mittelalters".
  • Dirk Bühler: "Brückenbau". [Deutsches Museum München, 2000].
  • "UNESCO-Welterbetag Regensburg am 01.06.2014". Die Steinerne Brücke im Portrait. Broschüre der Stadt Regensburg [2014].
  • https://curiositas-mittelalter.blogspot.de/2017/01/steinerne-bruecke-regensburg.html

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© Dipl.Ing. Bernd Nebel