Die Steinerne Brücke

Regensburg, Deutschland



Ein Floss hat gerade die Steinerne Brücke passiert.
Links im Bild der einzige verbliebene Brückenturm und die historische 'Wurstkuchl'.

Die Steinerne Brücke in Regensburg ist die älteste Brücke Deutschlands. Nach dem Niedergang des römischen Imperiums war sie eine der ersten neuen Steinbrücken nördlich der Alpen. Für viele Jahrhunderte war sie auch weit und breit der einzige feste Übergang über die Donau.

Die exponierte geografische Lage Auf einer Länge von etwa 3 km teilt sich hier die Donau in mehrere Ströme und formt in diesem Bereich drei Inseln, die von den Armen der Donau und dem aus Richtung Norden einmündenden Regen eingefasst werden (siehe OpenStreetMap). der Stadt Regensburg begünstigte schon etwa um 3000 v.Chr. erste menschliche Ansiedlungen an der Donau. Aus der Regierungszeit von Kaiser Mark Aurel ist an dieser Stelle ein römisches Militärlager nachweisbar (ca. 175 n.Chr.). Wegen der strategischen Lage zwischen den Donauarmen und dem Regen kann vermutet werden, dass die Römer hier auch die erste Brücke über die Donau schlugen oder zumindest eine Furt militärisch sicherten.

Die sich aus dem Römerlager entwickelnde Ansiedlung wuchs bis zum 11. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten und reichsten Städte Deutschlands heran. Durch internationalen Fernhandel mit Gewürzen, vor allem mit Salz, erlangte die Stadt Einfluss und Wohlstand. Um den Handel nicht nur auf den Flüssen sondern auch auf dem Landweg in alle Himmelsrichtungen zu sichern, war eine zu jeder Jahreszeit benutzbare Brücke von unschätzbarem Wert. Die gilt umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt in erreichbarer Entfernung weder stromab noch stromaufwärts eine feste Donaubrücke bestand. Es scheinen schon frühzeitig mittelalterliche Holzbrücken existiert zu haben, die jedoch immer wieder durch Hochwasser, Eisgang oder Feuer zerstört wurden.

Die älteste bildliche Darstellung der Steinernen Brücke aus dem Jahr 1493.
Im Vordergrund die Sicherung des Brückenkopfes auf Stadtamhofer Seite.

Die Gründe für den Bau einer festen Brücke in Regensburg waren weder militärisch geprägt, noch von der damals allmächtigen Kirche beeinflusst, etwa um Pilgerwege zu erleichtern. Die Initiative für den Bau dieses komplizierten und kostspieligen Bauwerkes kam - für die damalige Zeit höchst ungewöhnlich - aus dem Bürgertum, von den Kaufleuten, denn mit ihr konnte der Verlauf der wichtigen Handelsrouten langfristig an die Stadt gebunden werden.


Das Wissen der Römer ging verloren

Bis heute sind uns die Römer als die Meister im Bau von Steinbogenbrücken bekannt. Sie benutzten einen wasserfesten Beton, der es ihnen erlaubte Stützpfeiler im Wasser zu gründen. So konnten sie Bauwerke errichten, die zum Teil bis heute, also seit über 2000 Jahren bestehen. Aber genauso wie in vielen anderen Bereichen der Technik gingen auch die Fähigkeiten der Römer beim Brückenbau verloren. So auch die Rezeptur ihres wasserfesten Mörtels, der erst 1755 von dem Briten John Smeaton Smeaton war dabei einen Leuchturm bei Eddystone vor der Küste Cornwalls zu bauen, als er bei den Vorbereitungen für die Gründung mit gebranntem Kalk und Ton experimentierte und so das erste wasserfeste, selbsterhärtende Bindemittel der Neuzeit herstellte. wiederentdeckt wurde.

Über viele Jahrhunderte konnte in Europa keine einzige Brücke gebaut werden, die mit den römischen Bauwerken vergleichbar gewesen wäre. Allerdings profitierte man vielerorts noch lange von den hinterlassenen römischen Bauwerken. Doch schon die Unterhaltung und Instandsetzung dieser Brücken nach Beschädigungen im Krieg oder durch Hochwasser bereiteten enorme Schwierigkeiten. Da wo man sich nicht mit der Benutzung einer Furt begnügen wollte (Städtenamen wie Erfurt, Schweinfurt, Frankfurt usw. erinnern daran), wurden einfache Holzbrücken gebaut, die jedoch bei Hochwasser und Eisgang regelmäßig zerstört wurden. Auch die zahlreichen Fähren waren stark vom Wetter abhängig und mussten häufig den Betrieb einstellen.

Eine der ältesten mittelalterlichen Steinbogenbrücken im deutschsprachigen Raum dürfte die Drususbrücke in Bingen gewesen sein, die aber außer ihrem Namen keinen Bezug zum römischen Imperium hatte. Das über die Nahe führende Bauwerk soll schon Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden sein. Durch mehrmalige Zerstörungen bei kriegerischen Auseinandersetzungen ist von der ursprünglichen Bausubstanz allerdings nicht mehr viel erhalten. Eine weitere Steinbogenbrücke gab es im frühen 12. Jhd. in Würzburg, die jedoch ebenfalls nicht mehr mit der heute vorhandenen "Alten Mainbrücke" identisch ist.


Neubeginn im 12. Jahrhundert

Zu den wenigen mit der Steinernen Brücke vergleichbaren Bauwerken Europas gehörte die Judithbrücke in Prag, die 1171 fertiggestellt wurde und im Juli 1342 dem berüchtigten Magdalenenhochwasser zum Opfer fiel. An ihrer Stelle befindet sich heute die berühmte Karlsbrücke. Eine frühe Steinbogenbrücke gab es auch in Dresden, mit deren Bau schon vor der Steinernen Brücke in Regensburg begonnen wurde. Durch Kriege, Hungersnöte und finanzielle Schwierigkeiten konnte sie jedoch erst 1220 fertiggestellt werden, also nach der Steinernen Brücke. Auch die Dresdner Brücke wurde durch das Magdalenenhochwasser zerstört.

In Avignon (Frankreich) vollendeten die 'Brückenbrüder' im Jahre 1188 eine Steinbogenbrücke über die Rhone. Auch dieses Bauwerk wurde 1670 bei einem Hochwasser so stark beschädigt, dass es teilweise einstürzte. Die Überreste sind noch heute eine bekannte Sehenswürdigkeit und werden in dem Lied "Sur le pont d´Avignon" besungen.

Der Stich von Matthäus Merian zeigt das Aussehen der Brücke im Jahr 1644.
Einer der 16 Bögen ist bereits überbaut aber noch sind alle drei Brückentürme vorhanden.

Die erste nach dem 2. Jhd. entstandene große Steinbogenbrücke nördlich der Alpen, die bis heute im Wesentlichen in ihrer ursprünglichen Bausubstanz besteht, ist also die Steinerne Brücke in Regensburg. Sie ist schon deshalb etwas Besonderes, weil sie den zahlreichen Beschädigungen durch Hochwasser, Eisgang, Krieg und dem starken Verkehr bis zum heutigen Tage trotzt. Dabei ist insbesondere die technische und ökonomische Leistung bei ihrem Bau im frühen 12. Jhd. - scheinbar ohne finanzielle Unterstützung durch die allmächtige Kirche - herauszustellen.

Leider ist uns weder der Baumeister der Brücke überliefert, noch stehen die ursprünglichen Auftrag- und Geldgeber zweifelsfrei fest. Nachweisen lässt sich aber die Anwesenheit ausländischer Handwerker in der Stadt. Historischen Gerichtsakten aus der damaligen Zeit ist zu entnehmen, dass sich Bauleute aus der Gegend um den Comer See, die sogenannten Magistri Comacini, zur Zeit des Brückenbaues in der Stadt aufhielten. Man kann davon ausgehen, dass die Spezialisten aus Italien beim Brückenbau entscheidend mitgewirkt haben.


Der Bau der 'Stainern Pruckn'

Nach neuesten Erkenntnissen der Archäologie (Dallmeier, 2009) war die Brücke ursprünglich etwa 380 m lang und hatte 16 Bögen mit Spannweiten zwischen 10,50 und 16,70 m. Heute sind nur noch 309 m Länge und 15 Bögen sichtbar, weil ein Bogen auf Regensburger Seite bereits um 1620 überbaut wurde. Insofern zeigt der berühmte Stich von Matthäus Merian (1644) bereits die verkürzte Brücke. Interessanterweise bildet die Brückentrasse in der Draufsicht keine gerade Linie zwischen den Widerlagern, sondern einen Bogen. Lange Zeit war man geneigt, diese Tatsache den mangelnden Fähigkeiten der Bauleute zuzurechnen. Heute weiß man jedoch, dass diese Linienführung ganz praktische Gründe hatte und die exakte Vermessung und Ausführung dieses Bogens daher unsere Anerkennung verdient.

Man war sich vollkommen darüber im Klaren, dass die Gründung der Pfeiler im Flussbett der schwierigste, zugleich aber auch der für die Standfestigkeit der Brücke entscheidende Teil des ganzen Unternehmens war. Schaffte man es nicht die Gründungssohle tief genug zu legen, konnten die Pfeiler leicht unterspült werden und die ganze Brücke zum Einsturz gebracht werden, so wie es andernorts schon häufig geschehen war.

Gerade bei der Gründung der Flusspfeiler wird aber der technische Rückschritt gegenüber den Fähigkeiten der Römer und der Verlust dieses Spezialwissens über die Jahrhunderte deutlich. Während die Römer mit Kastendamm und wasserfestem Mörtel dazu in der Lage waren auch mitten in einem Flusslauf einen Pfeiler zu gründen, war man im 12. Jahrhundert auf bestimmte Witterungsbedingungen angewiesen. Die Bauarbeiten begannen im Sommer des Jahres 1135, als die Donau nach einer lang anhaltenden Trockenperiode sehr wenig Wasser führte. Die verbliebenen Rinnsale konnte man leicht umleiten, sodass man an der jeweiligen Baustelle gute Arbeitsbedingungen hatte. Sicherlich war aber der Baubeginn schon längere Zeit vorbereitet worden und man hatte die günstigen Bedingungen nur abgewartet.

Die Fundierung der Pfeiler erfolgte mittels Flachgründung, indem sogenannte Balkenroste aus Eichenholz flach auf dem ausgetrockneten Flussbett ausgelegt wurden. Einen solchen Balkenrost kann man sich wie ein sorgfältig gezimmertes aber liegendes Fachwerk vorstellen. Auf dieser Grundlage wurden schwere, nur grob behauene Steine aufgeschichtet, die mangels wasserfestem Mörtel nicht miteinander verbunden werden konnten, sondern nur aufgrund ihres Eigengewichtes den Wassermassen standhalten müssen.

Vom Brückenturm sind die Dimensionen der 'Beschlächte' besonders gut zu sehen.
Im Hintergrund Stadtamhof auf der Nordseite der Brücke.

Diese Gründungsart alleine wäre völlig unzureichend gewesen, um dem nun schon 900 Jahre dauernden Angriff der Fluten zu widerstehen. Zwangsläufig hätten sich Kolke gebildet und es wäre zum Unterspülen der Pfeiler gekommen, was den Einsturz der anschließenden Bögen zur Folge gehabt hätte. Um dies zu verhindern wurde jeder Pfeiler durch eine wuchtige Insel aus Stein gesichert, die man "Beschlächte" nennt.

Weil die Brücke über mehrere Arme der Donau führt, mussten von den ehemals 15 Pfeilern nur 13 im Flussbett gegründet werden (siehe auch Stich von Merian). Die Pfeiler haben Breiten zwischen 5,80 und 7,40 m. Da die Bögen Spannweiten von maximal 16,70 m haben, ergibt sich ein Verhältnis der Pfeilerstärke zur Bogenspannweite von ca. 1:2,5 bis 1:3. Dieses Verhältnis war ein wichtiges Maß im Steinbrückenbau und Gegenstand von Bauvorschriften bzw. 'Erfahrungswerte' der einzelnen Baumeister. Das hier angesetzte Verhältnis führte zu einem äußerst wuchtigen Bauwerk und wurde in den nachfolgenden Jahrhunderten immer weiter vergrößert. So z.B. von Gautier auf 1:5 (ca. 1690) und von Perronet, einem Meister des Steinbrückenbaus, sogar auf 1:12 (1750). Dadurch wurde das Erscheinungsbild der Steinbrücken in späteren Jahrhunderten immer 'leichter' und eleganter.

Bei der Steinernen Brücke führen die gewaltigen Beschlächte zu einer zusätzlichen Einengung des Flussbettes, denn sie hatten ursprünglich Abmessungen von bis zu 20 m Breite und 65 m Länge. Dadurch reduzierte sich das zur Verfügung stehende Abflussprofil Die Summe aller Bogenspannweiten betrug 209,10 m aber die Beschlächte engten die Durchflussweite auf 95,10 m ein. enorm , was einen Anstieg der Fließgeschwindigkeit und die Bildung von Strudeln zur Folge hatte. Die hohe Fließgeschwindigkeit hatte aber auch Vorteile und so siedelten sich schon bald nach Fertigstellung der Brücke mehrere Mühlen auf den Beschlächten an, um die starke Strömung zwischen den Pfeilern auszunutzen.


Markante Details


Zum Gesamtensemble der Steinernen Brücke gehörten auch einige Ausstattungsdetails, die im Laufe der Jahrhunderte - wie die Brücke insgesamt - einem ständigen Wandel unterworfen waren. Da sind zunächst einmal die besonders markanten Brückentürme, die im Mittelalter verschiedene Funktionen hatten. Neben der Sicherung der Brückenköpfe wurden dort häufig auch Gefängnisse untergebracht oder sie dienten als 'Schuldturm'.

Außer dem heute noch vorhandenen südlichen Brückenturm (Regensburg) gab es ursprünglich noch zwei weitere Türme (siehe Stich von Merian). Auf der nördlichen Seite (damals: Stadt am Hof, heute Stadtamhof) wurde die Brücke vom "Schwarzen Turm" begrenzt. Bei der Eroberung der Stadt durch napoleonische Truppen im Jahre 1809 wurde der Schwarze Turm schwer beschädigt und schließlich abgebrochen. Ein weiterer Turm befand sich bis in das Jahr 1784 auf einem der mittleren Pfeiler.

Außerdem gab es noch weitere Aufbauten auf der Brücke, wie eine Kapelle und sogenannte "Türgerichte", die aber heute verschwunden sind. Einzig das "Bruckmandl", dessen Bedeutung bisher nicht sicher geklärt werden konnte, befindet sich noch heute auf der Brücke. Diese Steinplastik eines mit einer Badehose bekleideten Jungen ist seit 1446 nachweisbar und den Regensburgern offensichtlich so wichtig, dass sie bereits zweimal, zuletzt 1854, erneuert wurde.


Die wechselvolle Geschichte der 'Stainern Pruckn'

Was hat sie nicht schon alles erlebt und ertragen, die 'Stainern Pruckn': durchziehende und plündernde Kreuzzugsheere auf ihrem Weg nach Jerusalem (1096: Gottfried von Boullion, 1147: Konrad III., 1189: Friedrich I. Barbarossa). Auch im 15 Jahrhundert zogen während der 'Venezianischen Türkenkriege' diverse Truppen durch die Stadt und über die Brücke. Während des Dreißigjährigen Krieges (1630) sah man sich gezwungen einen der Brückenbogen zu sprengen, als die Schweden auf die Stadt vorrückten. Genauso wie auch in anderen Fällen die freiwillige Zerstörung einer Brücke sinnlos war, so konnte auch in Regensburg die Besetzung der Stadt nicht verhindert werden.

Drei Jahre später wurde der Bogen provisorisch durch eine Zugbrücke ersetzt, die dann aber doch bis 1791 Bestand hatte. Erst als man Schäden an den benachbarten Bögen feststellte, denen der Gegendruck fehlte, wurde die Lücke wieder durch einen Steinbogen geschlossen. Im Jahre 1809 tobten die Koalitionskriege gegen Napoleon die zu einer erneuten Besetzung der Stadt führten, diesmal durch Österreich. Und dann schließlich der zweite Weltkrieg, als schwere Panzer über die Brücke rollten und das Bauwerk nur knapp seiner Zerstörung entging.

Dieses historische Foto zeigt die Brücke mit der Straßenbahnlinie,
die von 1903 bis 1945 auf der Brücke verkehrte.

Aber auch die Donau setzte dem Bauwerk immer wieder schwer zu. Von den Chronisten wurden im Laufe der Jahrhunderte mindestens 30 größere Hochwasserereignisse registriert. Mehrmals kam es dabei zu schweren Beschädigungen. So z.B. im Juli 1342 durch die Magdalenenflut, bis heute die größte Hochwasserkatastrophe Nordeuropas. Ende des 18. Jhd. führte eine kurzfristige Klimaänderung Ausgelöst durch die Öffnung der Lakispalte auf Island war der Winter 1783/ 84 in ganz Europa außergewöhnlich lang und hart. Ende Februar/ Anfang März 1784 trafen schnell ansteigende Temperaturen mit heftigen Regenfällen zusammen, was zu massivem Hochwasser mit Eisgang auf allen Flüssen Nord- und Mitteleuropas führte. Durch dieses Naturereignis wurden fast alle Brücken auf den großen Flüssen Deutschlands in Mitleidenschaft gezogen. zu einem außerordentlich harten Winter, der im Februar/ März 1784 in einem katastrophalen Hochwasser mit Eisgang auf allen nordeuropäischen Flüssen kulminierte. Davon betroffen war auch die Steinerne Brücke: am 28. Februar 1784 traf ein heftiger Eisstoß die Brücke und brachte den mittleren Turm zum Einsturz. Auch sämtliche Mühlen auf den Beschlächten fielen diesem Naturereignis zum Opfer.


Gefahr für die Brücke

Ganz zu Anfang des 20. Jahrhunderts wäre es beinahe um die Brücke geschehen gewesen, als eine Linie der städtischen Straßenbahn nach Stadtamhof geplant wurde. Die Durchfahrt unter dem letzten vorhandenen Brückenturm war zu eng und besonders 'fortschrittliche' Zeitgenossen forderten aus diesem Anlass die Steinerne Brücke abzureißen und durch ein modernes Betonbauwerk zu ersetzen. Glücklicherweise konnte sich diese Idee aber nicht durchsetzen. Stattdessen fand man eine Möglichkeit die Straßenbahn außen am Turm vorbeifahren zu lassen, indem man ein zweites, größeres Portal daneben setzte.

Wie viele andere Brücken in Deutschland wurde auch die Steinerne Brücke ein Opfer des zweiten Weltkrieges. Am 23.April 1945 sprengten deutsche Truppen den zweiten und elften Pfeiler, um das Vorrücken der alliierten Streitkräfte zu verzögern. Dadurch wurden vier Bögen zum Einsturz gebracht. Obwohl auch dieser barbarische Akt keinen wirklichen strategischen Vorteil brachte, waren die Beschädigungen der Joche und Beschlächte beträchtlich.

In Anbetracht der historischen Bedeutung der Steinernen Brücke ist es heute kaum nachvollziehbar, dass es nach dem zweiten Weltkrieg erneut Bestrebungen gab, die Brücke vollständig abzureißen. Es dauerte dann bis in die 1950er Jahre hinein, bis eine umfassende Sanierung durchgeführt wurde um die Kriegsschäden zu beheben. Dabei wurden die Beschlächte auf maximal 10 m Breite zurückgebaut, was zu einer deutlichen Beruhigung der Strömungsverhältnisse unter der Brücke führte.

Nach der Sanierung wurden die Straßenbahngeleise entfernt aber dafür nahm die Belastung durch den nun immer stärker werdenden Individualverkehr erheblich zu. Viele Tausend PKW und Lastkraftwagen rollten nun Tag für Tag über die altehrwürdige Brücke und setzten der historischen Bausubstanz enorm zu. Die Bürger selbst hatten ein Einsehen und entschieden bereits 1997 den motorisierten Individualverkehr auf der Brücke zu verbieten. Von da an durften neben Fußgängern und Radfahrern nur noch Stadtbusse und Taxis die Brücke benutzen.

Am 13. Juli 2006 nahm die UNESCO das Gesamtensemble der Regensburger Altstadt mit Stadtamhof als Welterbestätte in die Welterbeliste auf. Der wichtigste Grund für diese Ehrung war die Architektur der Stadt, die sowohl Regensburgs Funktion als mittelalterliches Handelszentrum dokumentiert, als auch ihre außerordentliche Stellung im Heiligen Römischen Reich. Natürlich spielte auch die Steinerne Brücke als Verbindungsglied von Regensburg und Stadtamhof eine entscheidende Rolle für diese Auszeichnung.


Alte Bausubstanz in neuem Glanz

Aber auch die bis zu 28 Tonnen schweren Gelenkbusse belasteten das Bauwerk weiterhin schwer. Als ein Gutachten vor allem wegen der instabilen Brüstungen die Verkehrssicherheit auf der Brücke in Frage stellte, wurde auch der Bus- und Taxiverkehr eingestellt (2008). Seitdem sind die Fußgänger und Radfahrer unter sich, was gerade auch für die Touristen zu einem ganz neuen und schöneren 'Brückenerlebnis' führte.

Auch das volkstümliche 'Bruckmandl' wurde gründlich saniert

Obwohl die Steinerne Brücke nun ihren wesentlichen Verkehrszweck verloren hatte, dachte niemand mehr daran - so wie in früheren Zeiten - auf das Bauwerk zu verzichten, denn die Steinerne Brücke ist neben dem Dom nun die bekannteste Sehenswürdigkeit Regensburgs. Über ein Ersatzbauwerk an anderer Stelle für den motorisierten Verkehr wird allerdings noch heute diskutiert. Da man sich nun über das generelle Zukunftskonzept für die Steinerne Brücke einig war, konnte man sich jetzt einer erneuten, umfassenden Sanierung zuwenden.

Diese musste nun aber keine Rücksicht mehr auf Verkehrstauglichkeit und Tragfähigkeit für schwere Verkehrsarten nehmen, sondern konnte sich eher von dem Versuch einer Rekonstruktion des historischen Zustandes leiten lassen. Dabei wurde ein enormer Aufwand betrieben, sowohl in logistischer, als auch in finanzieller Hinsicht. Die Gesamtkosten der Sanierung wurden kurz vor Abschluss der Bauarbeiten auf ca. 20 Millionen Euro geschätzt. Nun trafen die modernsten Sanierungsmethoden auf die Bausubstanz der mittelalterlichen Steinmetzkunst. Für viele Probleme mussten individuelle Lösungen gefunden werden, weil es dafür keine Vorbilder gab.

Wie groß diese Aufgabe wirklich war, zeigte sich erst im Laufe der Bauarbeiten, mit denen 2010 begonnen wurde. Eigentlich sollte die Sanierung schon 2014 abgeschlossen werden aber immer wieder kam es zu unvorhersehbaren Verzögerungen. Nach den neuesten Planungen sollen die Arbeiten aber nun im Frühjahr 2018 zum Abschluss gebracht werden. Man kann sich jetzt schon sicher sein, dass sich der Aufwand gelohnt hat und das Bauwerk wieder in seinem mittelalterlichen Charme erstrahlt.

Da man schon einmal dabei war, wurde auch das 'Bruckmandl' abgenommen um es von Grund auf zu sanieren, denn ihm war in der Zwischenzeit aus unbekannten Gründen ein Arm abhanden gekommen. Nach Abschluss aller Bauarbeiten wird es wieder an seinem traditionellen Standort aufgestellt. Die älteste intakte Brücke Deutschlands wird die Attraktivität der Stadt Regensburg für den Tourismus zweifellos erhöhen aber auch die Regensburger selbst werden wieder gerne über ihre 'Stainern Pruckn' flanieren um den Hauch der 900 Jahre währenden Geschichte einzuatmen.

Wer Fantasie genug besitzt, wird an diesem historischen Schauplatz der Geschichte die Kreuzzugsheere auf dem Weg nach Jerusalem, die Landsknechte mit ihren Helebarden im 30-jährigen Krieg oder die Truppen Napoleons bei der Einnahme der Stadt, vor seinem inneren Auge erstehen lassen.

Quellen: Interne Links:
  • Franz Rziha: "Die steinerne Brücke bei Regensburg". Allgemeine Bauzeitung, Wien; Jahrgang 1878, Seite 35
  • Lutz Michael Dallmeiner: "Schwarzer Turm, Salzstadel und Hafenkanal - Archäologische Forschungen an den beiden Brückenköpfen der Steinernen Brücke in Regensburg". Veröffentlicht in: "Archäologie der Brücken". [Regensburg 2011].
  • Rudolf Floss: "Fundierung alter Brücken", veröffentlicht in "Beiträge zur Geschichte des Bauingenieurwesens. Heft 5: Vorträge im Wintersemester 1993/94". [Technische Universität München, 2. Auflage 1998].
  • Max Emanuel Frick: "Die Steinerne Brücke: Weltwunder des Mittelalters".
  • Dirk Bühler: "Brückenbau". [Deutsches Museum München, 2000].
  • https://curiositas-mittelalter.blogspot.de/2017/01/steinerne-bruecke-regensburg.html


www.bernd-nebel.de

© Dipl.Ing. Bernd Nebel