Akashi Kaikyo Brücke

Kobe, Japan


Die Aleshi Meeresstraße zwischen der Insel Awaji und der Hauptinsel Honshu

Die Akashi Kaikyo Brücke in Japan steht in der Tradition so berühmter Bauwerke wie der Menai Strait Bridge in Wales, der Brooklyn Bridge in New York und der Golden Gate Bridge in San Francisco, denn nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1998 war sie die größte Brücke der Welt.

Mit ihrer gigantischen Spannweite von knapp zwei Kilometern übertraf sie den damaligen Rekordhalter, die Humber Bridge in Hull / England, gleich um 581 Meter.

Etwa in der Mitte der 1980er Jahre setzte sich Japan das ehrgeizige Ziel, die Insel Shikoku durch den Bau von drei Autobahn- und einer Bahnverbindung besser an die Hauptinsel Honshu anzuschließen. Dafür wurde unter anderem der Bau mehrerer Brücken über die sogenannte japanische "Inlandsee" notwendig. Die größten Anforderungen an die Brückenbauingenieure stellte dabei die Aleshi-Meeresstraße, welche bei der Hafenstadt Kobe die kleinere Insel Awaji von der Hauptinsel trennt. An dieser Stelle wurde die Akashi Kaikyo Brücke errichtet, eine Hängebrücke mit riesigen Pylonen und einem versteiften Fachwerkträger als Fahrbahn.


Schwierige Rahmenbedingungen für ein Megaprojekt


Die Akashi Kaikyo Brücke sollte Teil einer neuen, 89 km langen Autobahn zwischen Kobe und Naruto werden, die weitere Brückenbauten erforderte, die größtenteils parallel ausgeführt wurden. Die Rahmenbedingungen für den Bau der größten Brücke der Welt an dieser Stelle waren alles andere als einfach: das Gebiet gilt als besonders erdbebengefährdet, Taifune treten hier in unregelmäßigen Abständen auf und außerdem sind rund um die Awaji-Insel besonders starke Strömungen zu beobachten. Als weitere Schwierigkeit kam der starke Schiffsverkehr auf der Aleshi-Meeresenge hinzu, denn die Wasserstraße wird täglich von rund 1.400 Schiffen durchfahren.

Die Bauarbeiten begannen im Mai 1988 mit den Gründungsarbeiten für die Pfeilersockel, die in einer Wassertiefe von etwa 60 m gegründet werden mussten. In einem Trockendock wurden zwei 67 m hohe zylinderförmige Stahlcaissons mit Durchmessern von 80 m vorgefertigt, mit Schleppkähnen zu ihrem Bestimmungsort geschwommen und dort versenkt. Das Innere dieser Stahlzylinder wurde anschließend komplett mit einem eigens entwickelten Unterwasserbeton verfüllt, so dass jedes der beiden fertigen Fundamente über ein Gesamtgewicht von ca. 370.000 Tonnen verfügte.

Auf diesen stabilen Fundamenten wurden die beiden Hauptpylonen errichtet, die jeweils aus zwei Stahlröhren bestehen, die mit insgesamt fünf Stahlkreuzen untereinander ausgesteift wurden. Die Pfeiler haben die gigantische Höhe von 283 m und waren zu dieser Zeit nach dem Tokio-Turm die zweithöchsten Bauwerke Japans.

Besondere Maßnahmen gegen Erdbeben


Mit der Akashi Kaikyo Brücke erlebte der "ausgesteifte Fachwerkträger" eine Renaissance

Wegen der hohen Erdbebengefahr wurde die Akashi Kaikyo Brücke für ein Beben bis zur Stärke von 8,5 auf der nach oben offenen Richterskala ausgelegt. Unter anderem wurden in die Pylone Schwingungsdämpfer eingebaut, welche die seitlichen Bewegungen der Türme bei heftigen Erdstößen verringern sollen. Dass diese Maßnahmen nicht umsonst ergriffen wurden, zeigte sich bereits am 17. Januar 1995, noch während der Bauphase. Die beiden gewaltigen Pylone hatten ihre volle Höhe erreicht und die Herstellung der Kabel hatte soeben begonnen, als sich in der Region ein schweres Erdbeben der Stärke 7,2 ereignete.

Im Umkreis von Kobe forderte das Erdbeben über 6.500 Tote und mindestens 27.000 Verletzte. Über 50.000 Gebäude wurden zerstört und das öffentliche Leben versank zeitweise im Chaos. Das Epizentrum des Bebens lag in unmittelbarer Nähe der Baustelle. Exakte Vermessungen zeigten später, dass die Fundamente der beiden Pfeiler durch das Beben einen knappen Meter auseinander geschoben worden waren. Die Pylone selbst aber blieben völlig unversehrt und die zuständige Brückenbehörde erklärte später, dass auch die fertige Brücke das Erdbeben ohne nennenswerte Schäden überstanden hätte.

Eine erneute statische Überrechnung der Brücke mit dem geänderten Pfeilerabstand konnte die Ingenieure beruhigen: die Stabilität der Brücke war in keinster Weise in Frage gestellt. Also konnten die Bauarbeiten mit der Herstellung der Kabel fortgesetzt werden. Jedes der beiden Hauptkabel hat eine Länge von beinahe vier Kilometern und einen Durchmesser von 1,122 m.

Wurde bei früheren Hängebrücken der erste Draht meist per Schiff von einem zum anderen Ufer transportiert, wählte man in Japan einen moderneren Weg und benutzte einen Helikopter und ein leichtes Kunststoffseil. Von diesem ersten Draht ausgehend wurden dann alle folgenden Drähte über die Pylone gezogen. Jedes Kabel setzt sich aus 290 Drahtbündeln (Litzen) mit jeweils 127 Drähten aus hochfestem Stahl zusammen, insgesamt also 36.830 Einzeldrähten.

Bei älteren Hängebrücken wurde jeder Draht einzeln mittels einer Takelvorrichtung im sogenannten "Luftspinnverfahren" über die Pylone geführt und dann an Ort und Stelle zu einem Kabel verpresst. Bei der Akashi Kaikyo Brücke wählte man aber ein etwas abgewandeltes Verfahren: die fertig gewickelten Litze wurden auf riesigen Kabeltrommeln zur Baustelle gebracht und dann als Ganzes über die beiden Pylone geführt.


Die Rückkehr des ausgesteiften Fachwerkträgers

Neben der besonders hohen Wahrscheinlichkeit für Erdbeben musste die Akashi Kaikyo Brücke auch für die starken orkanartigen Winde in der Aleshi-Straße ausgelegt werden. Die Ingenieure setzten eine Spitzen-Windgeschwindigkeit von 290 km pro Stunde an und wählten als Tragwerk den versteiften Fachwerkträger, eine Konstruktionsweise, die eigentlich schon aus der Mode gekommen war. Der versteifte Fachwerkträger hatte sich nach dem Einsturz der Tacoma Narrows Bridge für lange Zeit als DER Standard-Brückenoberbau durchgesetzt, da er die größte Steifigkeit und Stabilität bietet. Mit der Möglichkeit Modelle im Windkanal zu testen, traten jedoch die kostengünstigeren und architektonisch ansprechenderen aerodynamischen Hohlkästen wieder mehr in den Vordergrund. So wurden z.B. die Humberbridge in England und die Bosporusbrücke in der Türkei als Hohlkasten verwirklicht. Durch diese Konstruktionsweise wirkt die Akashi Kaikyo Brücke zwar etwas plump und antiquiert, ist jedoch perfekt auf die Erfordernisse an ihrem Standort zugeschnitten. Der Träger ist dadurch in der Lage, bei starkem Seitenwind in seinem mittleren Bereich bis zu 27 m seitlich auszuweichen, ohne Beschädigungen davonzutragen.

Eines der beiden gewaltigen Betonbauwerke, in denen die Kabel verankert sind

Am 5. April 1998, nach knapp 10-jähriger Bauzeit, konnte die insgesamt 7,5 Mrd. Dollar teure Akashi Kaikyo Brücke ihrer Bestimmung übergeben werden. Ein Gerücht besagt, dass die Konstrukteure absichtlich unter der magischen Spannweite von zwei km (1.991 m) geblieben sind, um die durch den Bau der Brücke ohnehin schon stark beanspruchten Götter nicht über Gebühr zu strapazieren. Den Weltrekord der Einezlspannweiten hielt die Akashi-Kaikyo Brücke ca. 24 Jahre lang, bis zur Vollendung der Canakkale-1915-Brücke in der Türkei. Die neue Superbrücke führt über die geschichtsträchtige Meeresstaße der Dardanellen und verbindet Europa mit Asien.

Zwischenzeitlich hat man auch in Japan erkannt, dass Superlative durchaus auch einen touristischen Wert haben können und bietet von April bis November geführte Touren zu den interessantesten Punkten des Bauwerkes an. Dabei haben die Besucher sogar die Chance, vom Pylon aus ca. 280 m Höhe auf den Meeresarm und die Brückenfahrbahn zu blicken. Informationen zu den Bedingungen der Besichtigungstour sind auf der Homepage des Veranstalters zu finden.

Quellen:
  • Sven Ewert: "Brücken - Die Entwicklung der Spannweiten und Systeme"
  • Bernhard Graf: "Die schönsten Brücken der Welt"
  • David J. Brown: "Brücken - Kühne Konstruktionen über Flüsse, Täler, Meere"
  • http://www.jb-honshi.co.jp/english/bridgeworld/index.html
  • u.a.
Haben sie noch weitere Informationen zu dieser Brücke? Oder sind sie im Besitz von Fotos, die sie für dieses Internetangebot zur Verfügung stellen würden? Dann senden sie mir bitte eine Mail:


www.bernd-nebel.de

© Dipl.Ing. Bernd Nebel