Xihoumen Brücke

Zhoushan, China




© Zhoushan Island-Mainland Connection Project Department



Name: Xihoumen Brücke
Ort: Insel Zhoushan
Land: China
Konstruktionstyp: Hängebrücke
Fertigstellung: 2009
Bauherr: Provinz Zhejiang
Verkehrsart: Auto
Material: Spannbeton/ Stahl
Gesamtlänge: 2,7 km
Größte Spannweite: 1.650 m
Lichte Höhe: 49,5 m
China ist nicht nur ein Land mit einer großen Brücken-Geschichte, sondern zurzeit auf dem Wege, auch zum bedeutendsten "Brückenland" der Gegenwart zu werden. Ein weiteres Beispiel für den neuen Brückenboom wurde Ende 2007 etwa 200 km südöstlich von Shanghai fertig gestellt.

Zhoushan ist der Name einer Inselgruppe im ostchinesischen Meer, zu der etwa 1.390 Inseln gehören, von denen aber nur 103 bewohnt sind. Die größte dieser Inseln in der Provinz Zhejiang hat eine Fläche von etwa 524 km² und trägt ebenfalls den Namen Zhoushan. Sie ist damit die viertgrößte chinesische Insel und mit ca. 1 Million Einwohnern auch eine der Bevölkerungsreichsten.


China verbessert die Erschliessung seiner größten Inselgruppe

Im Jahre 1999 fasste die chinesische Regierung den Entschluss, die Inselgruppe durch den Bau von insgesamt 5 direkten Verbindungen besser an das Festland um die Region Ningbo anzuschließen. Dazu mussten aber weit mehr als nur fünf Brücken gebaut werden, weil noch mehrere kleine Inseln zwischen Zhoushan und dem Festland liegen. Die drei kleineren Verbindungen wurden schon vor einiger Zeit fertig gestellt, sodass die Inselgruppe, auf der sich ein Flughafen sowie mehrere wichtige Seehäfen befinden, nun schon deutlich besser erreichbar ist.

Die vierte Verbindung soll im Laufe des Jahres 2008 dem Verkehr übergeben werden aber ihr Hauptbauwerk wurde schon im Dezember 2007 fertig gestellt. Die gewaltige Xihoumen Brücke ist mit einer Spannweite von 1.650 m nun die zweitgrößte Hängebrücke der Welt und hat damit die Store Baelt Brücke in Dänemark auf den dritten Platz verdrängt. Die Brücke hat eine Gesamtlänge einschließlich Seitenfeldern von ca. 2,7 km und verbindet die beiden Inseln Jintang und Cezi miteinander.
Die Herstellung des Fahrbahnträgers beginnt
© zhejiang online

Natürlich ist sie damit -bisher- auch die größte chinesische Hängebrücke, kann aber außerdem noch mit einigen technischen Besonderheiten aufwarten. Ihre Konstrukteure machten sich die Vielzahl der teilweise winzigen Inseln vor der Küste geschickt zu Nutze, so dass alle Gründungsarbeiten für die Ankerblöcke und die Pylone auf festem Boden durchgeführt werden konnten. Wäre dies nicht möglich gewesen, hätten sich die Gründungen im bis zu 95 m tiefen Wasser deutlich schwieriger gestaltet.


Eine Brücke mit Besonderheiten

Bedingt durch die örtlichen Verhältnisse wurde die Brücke nicht streng symmetrisch konzipiert, sondern verfügt über unterschiedlich lange Seitenspannen. Die Feldlängen betragen von Süden nach Norden: 578 m - 1.650 m - 485 m. Auf der südlichen Seite der Brücke war es möglich das Seitenfeld auf Pfeilern zu stützen, während das Feld auf der Nordseite mit senkrechten Hängern vom Hauptkabel abgehängt wurde. Dadurch unterscheiden sich auch die Kabelstärken in den Haupt- und Nebenfeldern, weil unterschiedlich viele Kabelstränge erforderlich waren. Während das Kabel im Bereich des Hauptfeldes einen Durchmesser von 85,5 cm hat, beträgt er auf der Südseite 86,0 cm und auf der Nordseite 87,0 cm.

Durch die Asymmetrie weichen auch die Anforderungen an die beiden Ankerblöcke etwas voneinander ab. Um das Gegengewicht für den schwächer belasteten südlichen Anker herzustellen, war ein Stahlbetonmonolith von ca. 75 m Länge, 64 m Breite und über 50 m Höhe erforderlich.

Die beiden Pylone ragen gut 211 m aus dem Wasser und erinnern optisch stark an die Brücke über den Großen Belt. Ebenso wie bei der Brücke in Dänemark bestehen sie aus A-förmigen Betonrahmen mit Querriegeln in ca. 160 m Höhe. Jeder Pylon wurde auf 2 x 12 Bohrpfählen mit Durchmessern von 2,80 m gegründet. Die Länge der Pfähle ist unterschiedlich, je nachdem in welcher Tiefe tragfähiger Untergrund erreicht wurde.

Der Fahrbahnträger ist für eine 4-spurige Autobahn konzipiert und hat eine Gesamtbreite von 36 m bei einer Höhe von 3,26 m. Anders als bei der Akashi Kaikyo Brücke in Japan setzte man hier also wieder auf einen strömungsgünstigen Querschnitt, etwa in der Form einer Flugzeugtragfläche. Ab dem Bau der ersten Bosporusbrücke in Istanbul (1973) wurden weltweit alle größeren Hänge- und Schrägseilbrücken mit einem windschnittigen Trägerquerschnitt konzipiert. Wegen der außerordentlich schwierigen Wetterverhältnisse am Standort der Akashi Kaikyo Brücke kehrte man in Japan bisher letztmalig zum "amerikanischen" Fachwerkträger zurück.


Das linke Seitenfeld ist etwas länger und wird am Tragkabel aufgehängt;
Das rechte Feld hingegen wird durch Pfeiler abgestützt

© Zhoushan Island-Mainland Connection Project Department



Der geteilte Fahrbahnträger

Der Fahrbahnträger der Xihoumen Brücke weist aber noch eine Besonderheit auf, die bisher bei großen Spannweiten noch nicht zum Einsatz gekommen ist: der Träger besteht im Prinzip aus zwei nebeneinander liegenden Tragwerksstreifen, die im Abstand von 6 m nebeneinander liegen und nur durch schmale Querstreben miteinander verbunden sind. Diese "offene Bauweise" soll das Gesamttragwerk als Fläche auflösen und zu einem verbesserten aerodynamischen Verhalten bei starkem Wind führen. Stürmisches Wetter bis hin zum Taifun ist im ostchinesischen Meer keine Seltenheit und verlangt daher besondere Vorkehrungen. Die Trennung des Brückendecks in zwei Streifen war übrigens auch schon für die Brücke über die Straße von Messina vorgesehen. Allerdings wurde dieses Projekt aus politischen Gründen zunächst wieder auf Eis gelegt, sodass die Technik bei der Xihoumen Brücke nun zum ersten Mal zum Einsatz gekommen ist. Der geteilte Träger wird zumindest in China aber noch häufiger zum Einsatz kommen. So wird z.Z. die Stonecutters Brücke in Hong Kong ebenfalls mit einem solchen Träger gebaut.
Das letzte Segment des Trägers wird eingebaut
© zhejiang online

Der Abstand zwischen dem normalen Hochwasserstand und der Unterkante des Trägers beträgt im Bereich der Schifffahrtsrinne 49,50 m. Dieses Maß erlaubt die Durchfahrt von Schiffen mit einer Ladekapazität von bis zu 30.000 dwt (dead-weight-tonnage).

Die Bauarbeiten für die neue Superbrücke begannen im Frühjahr 2005 und konnten bereits im Dezember 2007 abgeschlossen werden. Am 16. Dezember 2007 rollten die ersten Fahrzeuge über die Brücke. Allerdings war dies eher als symbolischer Akt zu verstehen, denn das Gesamtprojekt konnte erst im Laufe des Jahres 2009 fertig gestellt und dem Verkehr übergeben werden. Vor allem wegen der unberechenbaren Windverhältnisse musste die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Bereich der Brücke auf 80 km/h begrenzt werden.

Die Gesamtkosten der Brücke werden mit umgerechnet ca. 300 Millionen US-Dollar angegeben. Bauherr des Projektes war das "Zhoushan Island-Mainland Connection Projekt Department" im Namen der Provinz Zhejiang. Bei der Planung und Ausführung des Projektes stand die "China Highway Planning and Design Institute Consultants Inc." beratend zur Seite.

So bedeutend und technisch interessant die Xihoumen Brücke auch sein mag, so bleibt sie auf längere Sicht jedoch nur eines von vielen chinesischen Brücken-Großprojekten der nächsten Jahre, von denen viele bereits im Bau sind. Das bevölkerungsreichste Land der Erde wird ohne Zweifel in naher Zukunft noch eine ganze Serie von Großbrücken internationalen Ranges fertig stellen.






Quellen:
Song H./ Ding D./ J. Virola: "The Xihoumen Bridge"

Haben sie noch weitere Informationen zu dieser Brücke? Oder sind sie im Besitz von Fotos, die sie für dieses Internetangebot zur Verfügung stellen würden? Dann senden sie mir eine Mail:






© Dipl.Ing. Bernd Nebel