Die Sydney Harbour Bridge

Sydney, Australien


Die Brücke mit dem Opernhaus im Vordergrund
Name: Sydney Harbour Bridge
Ort: Sydney
Land: Australien
Konstruktionstyp: Bogenbrücke
Bauzeit: 1926 - 1932
Beteiligte Personen: John Job Crew Bradfield
Sir Ralph Freeman
Verkehrsart: Straße
Material: Stahl
Gesamtlänge: 1.149 m
Größte Spannweite: 503 m
Durchfahrtshöhe für Schiffe: 52 m
Bei Google Earth:

Durch ihre gewaltigen Dimensionen und die einzigartige Lage in der Nähe des weltberühmten Opernhauses, ist die Sydney Harbour Bridge heute eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Australiens. Eine ganz besondere Touristenattraktion ist das "Bridgeclimbing", bei dem die Teilnehmer ein unvergessliches Panorama auf das Hafenbecken Sydneys erwartet.

Erste Überlegungen für den Bau der Brücke im Hafen von Sydney setzten bereits im Jahre 1888 mit der Einrichtung einer königlich britischen Kommission ein, deren Aufgabe es war, die grundsätzliche Machbarkeit sowie technische Ausführungsvarianten zu ergründen.

Jahrzehnte lange Suche nach einer technischen Lösung

Die Randbedingungen für die Planungen waren enorm schwierig: zunächst einmal war eine ca. 500 Meter breite Wasserstraße zu überwinden. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der ganzen Welt keine Brücke mit einer solch großen Spannweite. In New York war Washington Roebling gerade dabei die Brooklyn Bridge zu vollenden, aber auch deren Spannweite blieb unter 500 m. In Sydney war außerdem eine gewaltige Brückenhöhe unumgänglich, weil die Schifffahrt im Hafen nicht behindert werden durfte.

Der Stahlbogen kurz vor seiner Vollendung

Die Kommission lehnte zunächst alle eingereichten Entwürfe ab und ließ zwischen 1896 und 1903 weitere 40 Vorschläge ausarbeiten. Inzwischen war aber die technische Entwicklung fortgeschritten und in Schottland war gerade die Firth of Forth Eisenbahnbrücke mit Spannweiten von zwei mal 521 m im Bau, während in Sydney wiederum kein einziger Entwurf die gestellten Anforderungen vollständig zu erfüllen schien.

Im Jahre 1922 schrieb die Regierung des Bundesstaates New South Wales einen weltweiten Wettbewerb aus, um den Bau der Brücke endlich voran zu bringen. Insgesamt 20 Vorschläge wurden diesmal eingereicht, darunter einer von John Job Crew Bradfield, der inzwischen als Chefingenieur für den Bau der Hafenbrücke eingesetzt worden war.

Ein 'Aussie' macht das Rennen

Bradfield war ein gebürtiger Australier, der in Sydney Bauingenieurwesen studiert hatte. Nach einem offensichtlich beeindruckenden Ereignis verwarf er jedoch seinen eigenen Vorschlag, der eine massive Auslegerbrücke ähnlich der Firth of Forth Bridge vorgesehen hatte. Das Ereignis war die Besichtigung der von Gustav Lindenthal entworfenen Hell Gate Bridge in New York. Diese Stahlbogenbrücke über den East River beeinflusste Bradfield stark und man einigte sich schließlich auf einen Entwurf des Briten Sir Ralph Freeman, der eine ganz ähnliche Konstruktion wie die der Hell Gate Bridge vorsah.

Obwohl sich die beiden Brücken auf den ersten Blick stark ähneln, gibt es doch einige gravierende Unterschiede. Zunächst einmal ist die Sydney Harbour Bridge in allen Dimensionen wesentlich größer (Spannweite: 298 zu 503 m, Scheitelhöhe: 93 zu 134 m). Architektonisch besteht der größte Unterschied darin, dass der Obergurt des Bogens bei der Hell Gate Bridge vollständig von den Pylonen aufgenommen wird und bei der Sydney Harbour kurz vor den Pfeilern endet. Bei beiden Brücken erwecken die Pylone nur den Anschein, sie hätten eine statische Funktion. In Wirklichkeit sind sie konstruktiv entbehrlich und sollen nur ein Gefühl von Stabilität und Zuverlässigkeit vermitteln. Ralf Freeman erreichte durch diesen Trick eine wesentlich leichter wirkende Konstruktion. Man meint fast der Bogen schwebe zwischen den beiden Pfeilern. Die Pylone der Sydney Harbour Bridge wirken durch ihre ägyptische Stilisierung gefälliger, obwohl sie viel höher sind und eine deutlich größere Masse haben.

Im Jahre 1926 konnte endlich mit den Bauarbeiten begonnen werden, die insgesamt acht Jahre in Anspruch nehmen sollten. Wie damals bei Bogenbrücken aus Stahl üblich, wurde der Bogen im "freien Vorbau" hergestellt. Bis zum Schließen des Bogens wurden zur Stabilisierung der außerordentlich schweren Konstruktion Stahlkabel verwendet.

Für die Brücke wurden insgesamt 52.800 Tonnen Stahl benötigt, von denen ca. 79% aus England importiert wurden. Der Rest kam aus der heimischen Industrie Australiens. Die einzelnen Bauteile werden durch etwa 6 Millionen Niete zusammengehalten, wobei das größte immerhin 3,5 kg wiegt. Die Verkleidung der Pylone besteht aus 17.000 m³ Granitblöcken, die aus dem nördlich gelegenen Maruya herangeschafft wurden.

Weltrekord knapp verpasst...

Am 20. August 1930 konnte das letzte Niet gesetzt und der Bogen geschlossen werden. Anschließend wurde das gewaltige Brückendeck mit Stahlträgern von 7,3 bis 58,3 m Länge in den Bogen eingehängt. Im Februar 1932 war die Brücke schließlich fertig und konnte am 19. März 1932 vom damaligen Premier Jack Lang feierlich eingeweiht werden. An diesem Tag säumten unzählige Menschen die Gegend um die Brücke und die umliegenden Ufer. Die Schätzungen schwanken zwischen 300.000 und 1 Million Menschen, denen ein umfangreiches Programm geboten wurde.

Der 'alte Kleiderbügel' mit Beleuchtung

Die Sydney Harbour sollte nach ihrer Vollendung eigentlich die längste Stahlbogenbrücke der Welt werden. Dieser Titel wurde den Australiern jedoch von dem Brückenbauer Othmar Hermann Ammann streitig gemacht, der nur wenige Wochen vorher die Bayonne Bridge fertiggestellt hatte. Die Bayonne Bridge überspannt den Kill van Kull in New York und ist ganze 1,50 m länger als die Sydney Harbour Bridge...

Schon kurze Zeit nach ihrer Fertigstellung gaben die Einwohner Sydneys der Brücke wegen ihres charakteristischen Aussehens den Spitznamen "Old Coat Hanger". Die Sydney Harbour Bridge wirkt trotz ihrer gewaltigen Dimensionen architektonisch überzeugend. Unter Berücksichtigung ihre Spannweite ist sie mit einer Trägerbreite von 49 m eine der breitesten Brücken der Welt. Sie bietet genug Platz für zwei Eisenbahn- und Straßenbahngeleise, acht Fahrspuren für Kraftfahrzeuge plus Gehwege und einen Radweg.

Der regelmäßige Anstrich der Eisenteile verschlingt eine Unmenge an Farbe. Die Oberfläche des gesamten Stahls entspricht der Fläche von ca. 60 Fußballfeldern! Durch die Temperaturunterschiede im heißen Sydney schwankt die Höhe der Brücke infolge Längenausdehnung des Stahls (Dilatation) um 18 cm. Die Ausdehnung in Längsrichtung ist noch wesentlich größer und wird auf beiden Seiten der Brücke von speziellen Übergangskonstruktionen aufgefangen.

Finanzierung durch die Nutzer

Die Baukosten in Höhe von insgesamt 13,5 Mio. australischen Dollar wurden durch Mautgebühren finanziert. Die Nutzung der Brücke kostete unmittelbar nach ihrer Fertigstellung 6 Pence für ein Auto und für ein Pferd mit Reiter 3 Pence. Heute ist die Brücke für Pferde gesperrt und für ein Auto kostete die Überfahrt im Sommer 2004 drei Australische Dollar. Die Maut muss allerdings nur stadteinwärts entrichtet werden, in der anderen Richtung ist die Fahrt kostenlos. Trotz der stark gestiegenen Gebühren waren die Herstellungskosten erst im Jahre 1988 völlig abbezahlt und die Brücke sozusagen "schuldenfrei". Allerdings verschlingt auch die fortwährende Instandhaltung der Brücke große Beträge.

Die Harbour Bridge wurde unmittelbar nach ihrer Verkehrsfreigabe zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Sydneys. Im Juni 1976 fuhr das 1 Milliardste Fahrzeug über die Brücke. Im Schnitt wird sie heute täglich von ca. 160.000 Autos, Lkws, Bussen und Motorrädern benutzt. In ihrem ersten "Dienstjahr" 1932 waren es nur 10.900 Fahrzeuge gewesen. Vermutlich wäre die Anzahl der Fahrzeuge heute noch viel größer, wenn nicht der Bau des Harbour Tunnels im Jahre 1991 eine erhebliche Entlastung für die Brücke gebracht hätte.

Neben ihrer Bedeutung für den Straßen- und Schienenverkehr ist die Harbour Bridge auch zu einer der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte Sydneys geworden. Für abenteuerlustige Besucher bietet sie sogar eine ganz besondere Attraktion: "Bridgeclimbing". Für Preise zwischen ca. 160 bis weit über 300 Australische Dollar (Erwachsenentarif) kann man an einem geführten Spaziergang über den Stahlbogen teilnehmen. Nach einer vor kurzem durchgeführten Umfrage ist Bridgeclimbing sogar die beliebteste touristische Attraktion Australiens. Alle 10 bis 15 Minuten, vom frühen Morgen bis um 22 Uhr Abends, macht sich eine kleine Gruppe mit ihrem Führer auf den Weg über den gewaltigen Bogen. Alle Teilnehmer tragen einen speziellen Bridgeclimbing-Overall, werden vor der Tour auf ihren Alkoholspiegel getestet und an Seilen gesichert über den 134 m hohen Bogenscheitel geführt. Leider ist das Fotografieren dabei nicht möglich, weil man generell keinerlei Gegenstände mit auf die Brücke nehmen darf. Da unter den Füßen der 'Bridgeclimber' Tag und Nacht der Verkehr fließt, wären die Gefahren durch herunterfallende Gegenstände einfach zu groß.

Falls sie Interesse am Bridgeclimbing haben, können sie die Tour hier online buchen: http://www.bridgeclimb.com/

Haben sie noch weitere Informationen zu dieser Brücke? Oder sind sie im Besitz von Fotos, die sie für dieses Internetangebot zur Verfügung stellen würden? Dann senden sie mir bitte eine Mail:


www.bernd-nebel.de

© Dipl.Ing. Bernd Nebel