Ponte di Santa Trinita

Florenz / Italien

Ponte Santa Trinita
Der Ponte di Santa Trinita gilt als eine der schönsten Brücken der Welt.
Dieses Foto ist die Perspektive vom 250 m flussaufwärts gelegenen Ponte Vecchio aus betrachtet.

Brief summary:

The Santa Trinita Bridge in Florence is considered one of the most beautiful bridges in the world. It was the first arch bridge to depart from the principle of a single, uniform radius. The flat arch was a sensation when the bridge was completed and still looks distinctly elegant and timeless today.

Der Ponte di Santa Trinita in Florenz gilt als eine der schönsten Brücken der Welt. Sie war die erste Bogenbrücke, bei der von dem Prinzip eines einzigen, gleichmäßigen Radius abgewichen wurde. Der flache Bogen war bei Vollendung der Brücke eine Sensation und wirkt auch heute noch ausgesprochen elegant und zeitlos.

Florenz gilt als eine der bedeutendsten Kultur-Städte der Welt. Mit ihren historischen Bauwerken, unzähligen Kunstgegenständen sowie zahlreichen Museen, ist sie eine Art Open Air-Denkmal der Renaissance. Die Familiendynastie der Medici lenkte vom 15. bis zum 18. Jahrhundert das Geschick der Stadt und der Toskana, stellte mehrere Herzöge, zwei Päpste und zwei Königinnen von Frankreich. Durch ihren Einfluss wurde Florenz zu einer der reichsten Städte ihrer Zeit. Die Medici waren großzügige Förderer der Wissenschaften und Künste. Sie holten Männer wie Leonardo da Vinci, Michelangelo, Michelangelo schuf in Florenz eines seiner Hauptwerke: den David. Botticelli, Donatello, Dante, Petrarca und Galileo Galilei nach Florenz, förderten sie und gaben ihnen Aufträge.


Vorgängerbauwerke


Der erste Ponte Santa Trinita
Der "alte" Ponte di Santa Trinita (die Brücke in der Mitte), errichtet im Jahr 1345.
Hier dargestellt auf dem "Kettenplan", einer historischen Stadtansicht von Florenz.

Florenz wurde im zweiten Jahrhundert v.Chr. von den Römern gegründet. Noch älter ist aber das nahegelegene Fiesole, das bereits aus etruskischer Zeit stammt. Die erste Brücke mit steinernen Pfeilern im heutigen Stadtgebiet von Florenz haben daher auch die Etrusker gebaut. Sie stand etwa dort, wo sich heute der Ponte Vecchio befindet. Aber auch da, wo heute der Ponte di Santa Trinita steht, existierte spätestens ab 1250 eine erste Brücke. Vermutlich eine Balkenbrücke aus Holz. Bei einer Veranstaltung im Jahr 1259, bei der vermutlich Boote auf dem Arno eine Rolle spielten, wurde die Brücke durch eine große Menschenmenge überlastet und stürzte ein. Sie wurde innerhalb weniger Jahre durch die erste Steinbrücke an dieser Stelle ersetzt. Bei einem erneuten Hochwasser im Jahr 1333, stürzte auch diese Brücke ein, ebenso wie das Vorgängerbauwerk des heutigen Ponte Vecchio.

Der nächste Brückenbau an dieser Stelle dauerte von 1356-1415. Diese Steinbogenbrücke, vielleicht aber auch schon deren Vorgänger, hieß bereits Ponte di Santa Trinita. Der Name bedeutet so viel wie "Heilige Dreifaltigkeit" und geht auf die nahegelegene, gleichnamige Basilika zurück, die aus dem 11. Jahrhundert stammt. Vom Vorgängerbauwerk der heutigen Brücke gibt es eine historische Abbildung im sogenannten Kettenplan ("Pianta della Catena") von Francesco Rosselli, aus dem Jahr 1470. Dargestellt sind die vier zu dieser Zeit vorhandenen Steinbrücken der Stadt, einschließlich dem Ponte Vecchio und dem "alten" Ponte di Santa Trinita. Da auch diese Brücke schon aus drei Bögen bestand und über markante Wellenbrecher verfügte, hat sie auf den ersten Blick sogar gewisse Ähnlichkeit mit dem Nachfolgerbauwerk. Bei näherer Betrachtung wirkt sie durch die halbkreisförmigen Rundbögen und viel breitere Pfeiler jedoch deutlich "mittelalterlicher" als Ammanatis geschmackvolles Bauwerk.

Die im Kettenplan abgebildete Brücke erlitt das gleiche Schicksal wie ihre beiden Vorgänger: sie wurde bei einem Hochwasser im Jahr 1557 irreparabel zerstört. Durch ihre geografische Lage und das Zusammentreffen mehrerer Flüsse, kam es in in Florenz immer wieder zu gefährlichen Hochwässern. Die Flut von 1557 war aber ein außergewöhnliches Ereignis, bei dem große Teile der Stadt unter Wasser gesetzt und mit Schlamm bedeckt wurden. Drei der vier Arnobrücken wurden stark beschädigt, wobei es den Ponte di Santa Trinita am heftigsten traf. Nur der Ponte Vecchio blieb weitgehend verschont, vermutlich weil seine flachen Bögen von den Fluten nicht erreicht oder nicht mit voller Wucht getroffen wurden. Bei dem Hochwasser wurden aber nicht nur die Brücken in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch viele Kirchen und historische Gebäude, wie die Uffizien und der Palazzo Vecchio. Wie Hochwassermarken in der Stadt zeigen, wurde die Flut von 1557 nur einmal, nämlich im Jahr 1966, von einer noch größeren Katastrophe übertroffen.


Cosimo de Medici erbittet den Rat von Michelangelo


Nach dem Hochwasser im Jahr 1557 dürften die Baumeister der näheren und weiteren Umgebung durch die vielen Beschädigungen alle Hände voll zu tun gehabt haben, um die wertvollen Gebäude und steinernen Kunstwerke zu reparieren. Obwohl auch Giorgio Vasari Giorgio Vasari (1511-1574) war z.Z von Cosimo I de Medici einer der gefragtesten Baumeister in Florenz. stark in diese Sanierungsarbeiten involviert war, schickte ihn Herzog Cosimo I de Medici 1560 nach Rom, um Kontakt mit dem damals schon berühmten Künstler und Baumeister Michelangelo aufzunehmen. Er sollte von dem großen Meister eine Expertise zum Bau Es ist ein Brief von Vasari an Cosimo I überliefert, aus dem der Kontakt mit Michelangelo hervorgeht. einer neuen Brücke einholen.

Es lässt sich heute nicht eindeutig rekonstruieren, welche Ratschläge ihm Michelangelo tatsächlich gegeben hat. Insofern ist die Abgrenzung der jeweiligen Leistung Michelangelos und des später beauftragten Ammanati schwierig. Zu bedenken ist aber, dass Michelangelo bereits 84 Jahre alt war, als Vasari ihn in Rom aufsuchte und er sich in erster Linie als Künstler, insbesondere als Bildhauer, verstand. Auch ist nicht bekannt, dass sich Michelangelo irgendwann intensiver mit dem Brückenbau beschäftigt hätte. Es könnte daher durchaus sein, dass er sich in seiner Expertise auf die Gestaltung der Brücke beschränkte und keine Ratschläge zur Gründung oder den statisch möglichen Bogenformen gegeben hat.

In der Florentiner Familienkapelle der Medicis befindet sich das Grabmal von Giuliano di Lorenzo dé Medici (1479-1516), das von Michelangelo gestaltet wurde. Es besteht im Wesentlichen aus einer Statue des Giuliano und zwei auf dem Sarkophag sitzenden Allegorien von Morgen und Abend. Die vordere Kante des Sarkophags ist als zweiteiliger Bogen gestaltet, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Ponte di Santa Trinita aufweist. Einige Kunsthistoriker vergangener Jahrhunderte waren daher der Ansicht, die Bögen der Brücke müssten ebenfalls von Michelangelo gestaltet worden sein. Dieser Irrtum konnte erst durch die neuere Forschung korrigiert wurden. Auch hier ist zu bedenken, dass die Gestaltung des Sarkophags eine rein künstlerische Ausschmückung ist, während es bei den Bögen der Brücke um die statische Tragfähigkeit des gesamten Bauwerks ging.

Bartolomeo Ammanati

*18.06.1511 in Florenz; +13.04.1592 ebenda

Portrait Bartolomeo Ammanatis

Bartolomeo die Antonio Ammanati war ein Bildhauer der Renaissance, der sich später zum Architekten und Baumeister weiterbildete. Er war Schüler von Baccio Brandinelli in Florenz und Jacobo Sansovino in Venedig. Letzterer übernahm 1529 die Stelle des Obersten Baumeisters von San Marco. Während eines Aufenthalts in Rom von 1550 bis 1555 arbeitete er mit Giorgio Vasari zusammen, der ebenfalls aus Florenz stammte. Nach seiner Rückkehr nach Florenz wurde er fortan besonders von Eleonora de Medici gefördert, der Ehefrau von Cosimo I.

Seine bildhauerischen Werke wurden stark von dem 36 Jahre älteren Michelangelo beeinflusst. Als Ammanati mit seiner Ausbildung zum Bildhauer begann, hielt sich Michelangelo für einige Jahre in Florenz auf. Er arbeitete vorwiegend für die Medici und war vor allem mit dem Bau der Biblioteca Laurenziana beschäftigt, bevor er 1534 Florenz für immer verließ. Ammanati war einer der Künstler, von denen die Bibliothek schließlich fertiggestellt wurde.

Neben dem Ponte di Santa Trinita ist Florenz-Touristen vor allem Ammanatis Neptunbrunnen (1563-1565) auf der Piazza della Signora bekannt. Diese Arbeit wurde von den Florentinern allerdings sehr unterschiedlich aufgenommen und im Volksmund gerne als "Weißer Riese" verspottet. Für das Gesicht des Neptun soll ihm Cosimo I Modell gestanden haben. Da der Brunnen sich in Sichtweite des berühmten David von Michelangelo Anfangs sogar dem original David. Heute befindet sich eine Kopie an dieser Stelle. befindet, kam Ammanatis etwas plump wirkender Neptun im direkten Vergleich nicht gut weg. Selbst Michelangelo soll über den Neptunbrunnen geurteilt haben: "Ammanati, Ammanati, was hast du für ein schönes Stück Marmor ruiniert!".

Der Ponte di Santa Trinita hingegen ist über jeden technischen und ästhetischen Zweifel erhaben und kann ohne Weiteres als Hauptwerk Ammanatis bezeichnet werden.

Ammanati war mit der Dichterin Laura Battiferri verheiratet. Er starb im Alter von 80 Jahren, am 13. April 1592 in Florenz. Sein Grab befindet sich in der Kirche San Giovannino degli Scolopi in Florenz.

Der große Michelangelo Buonarotti starb im Februar 1564, immer noch in Rom weilend, im Alter von 88 Jahren. Da die Fundamentierung des Ponte di Santa Trinita erst drei Jahre später begann, konnte er auf die eigentlichen Bauarbeiten keinen Einfluss mehr nehmen. Es bleibt daher festzuhalten, dass Ammanati mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte Entscheidung über die Bogenform getroffen hat und als Baumeister auch die volle Verantwortung für das Gelingen dieses Wagnisses trug. Selbst wenn Michelangelo im fernen Rom die erste Idee für die Abweichung vom Rundbogen gehabt hätte, gebührt Ammanati dennoch das Verdienst, das hohe persönliche Risiko für diese Innovation eingegangen zu sein und es erfolgreich vollendet zu haben.


Bartolomeo Ammanati

Neun Jahre nach der Zerstörung der alten Steinbogenbrücke beauftragte Herzog Cosimo I de Medici den Baumeister Bartolomeo di Antonio Ammanati mit Entwurf und Bau einer neuen Brücke. Ob es in der Zwischenzeit ein provisorisches Behelfsbauwerk gegeben hat, vielleicht aus Holz, ist denkbar aber unbekannt. Ammanati war zu diesem Zeitpunkt 55 Jahre alt. Er stammte aus Florenz oder der nächsten Umgebung und war mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut. Wie Michelangelo war auch er gelernter Bildhauer, hatte sich aber im Laufe seines Berufslebens in das Bauwesen eingearbeitet. Eine durchaus nicht unübliche Karriere in der Renaissancezeit, da man die "Baukunst" tatsächlich den Künsten zurechnete.

Ammanati war schon viel herumgekommen, hatte aber auch in Florenz bedeutende Leistungen vollbracht, wie die Gartenfront des Palazzo Pitti und den Neptunbrunnen auf der Piazza della Signora. Sein Hauptwerk, für das er bis heute berühmt ist, wurde jedoch der neue Ponte di Santa Trinita. Überhaupt sind sich die Kunsthistoriker weitgehend einig, dass Ammanatis Leistungen als Baumeister deutlich höher zu bewerten sind, als seine Kunstwerke. Es ist nicht bekannt, dass Ammanati vorher schon einmal eine Brücke in eigener Verantwortung gebaut hätte. Insofern war es sicher sehr mutig von ihm, bei einem so wichtigen und kostspieligen Bauwerk von einem Grundprinzip des klassischen Steinbogenbrückenbaus abzuweichen, das 2000 Jahre in der ganzen Welt gültig war.

Die zu überbrückende Breite des Arno betrug ca. 100 m. Es war daher ziemlich klar, dass mindestens drei Bögen nötig sein würden, denn die erforderlichen Spannweiten bei nur zwei Bögen lagen zur damaligen Zeit außerhalb des technisch möglichen. Ammanatis Gedanke war es ganz offensichtlich, die Brücke möglichst flach aber doch nicht ganz horizontal zu gestalten. Dabei hätte er sich natürlich am nahegelegenen Ponte Vecchio Bauzeit von 1335 bis 1345. orientieren können, bei dem Taddeo Gaddi dieses Problem mit großen Radien und sehr flachen Segmentbögen gelöst hatte. Allerdings erzeugen die flachen Segmente große Horizontalkräfte auf die seitlichen Widerlager, die entsprechend massiv ausgebildet sind.

Ammanati wollte dies offensichtlich vermeiden und suchte eine elegantere Lösung um die Gestaltung seiner Brücke zu verbessern. Sein Entwurf sah aber nicht drei Bögen mit identischen Spannweiten vor, sondern er gab dem mittleren Bogen einen etwas größeren Raum. Die Spannweiten betragen 26,85 m - 29,18 m - 26,85 m, Entspricht 46-50-46 florentinische Braccie (1 Braccia = 0,583626 m). während die beiden Pfeiler knapp 8 m stark sind. Dadurch ist der mittlere Bogen etwas höher als die beiden anderen und die Brückenbahn verläuft leicht gewölbt. Dies, wie auch die ungerade Anzahl der Bögen, entspricht dem Ideal der Renaissance.


Die Suche nach der richtigen Bogenform

Neben der Frage nach dem eigentlichen Urheber des flachen Bogens, beschäftigte die Kunsthistoriker über Jahrzehnte, wenn nicht sogar über Jahrhundert hinweg, noch eine weitere Frage. Es ließ sich nämlich aus den überlieferten Quellen nicht herleiten, welcher mathematischen Regel die Bögen des Ponte Santa Trinita eigentlich folgten. In der Praxis ist das an einem bestehenden Bauwerk gar nicht so einfach festzustellen. Die infrage kommenden Kurven liegen dicht beieinander und weichen nur um wenige Zentimeter voneinander ab. Berücksichtigt man zudem die zwangsläufigen Ungenauigkeiten Formänderungen der aus Holz bestehenden Schalung nach Belastung durch das Mauerwerk, Setzungen des Baugrundes und Verformungen der Bögen unter jahrhundertelanger Verkehrsbelastung. einer im 16. Jahrhundert hergestellten Schalung, ist der Nachweis sogar ausgesprochen schwierig.

Ein großer Teil der Ingenieure und Kunsthistoriker sah einen Korbbogen, der aus mindestens drei verschiedenen Radien und fünf Mittelpunkten konstruiert worden sein sollte. Dies lag auch durchaus nahe, weil in späterer Zeit sehr häufig der Korbbogen zur Anwendung kam. Aber auch eine Parabel oder eine (halbe) Ellipse wäre denkbar gewesen. Auch diese Frage konnte erst im 20. Jahrhundert beantwortet werden, als man sich nach der Zerstörung der Brücke im Zweiten Weltkrieg wissenschaftlich mit der Bogenform beschäftigte.

Das Lehrgerüst
Das Lehrgerüst für die Bogenkonstruktion.

Im April 1567 begannen die Bauarbeiten mit der Herstellung der insgesamt vier Fundamente für die Flusspfeiler und Widerlager. Als Baustellenleiter stand Ammanati ein Mann namens Alfonso Parigi Alfonso Parigi der Ältere. zur Seite, dem wir heute wichtige Informationen über den Ablauf der Bauarbeiten zu verdanken haben. Parigis handschriftliche Aufzeichnungen enthalten z.B. interessante Details und Skizzen zur Gründung der Pfeiler und zur Konstruktion der Lehrgerüste für die Bögen.


Brückenbau im 16. Jahrhundert

Ammanatis erste Herausforderung war die Fundierung der Widerlager und Flusspfeiler im weichen Sediment des Arno. Man errichtete zunächst für jedes Fundament einen ringförmigen Kastendamm engl. "Coffer dam"; fälschlich auch als Kofferdamm übersetzt aus einer doppelten Reihe von Holzpfählen, dessen Zwischenraum mit Ton verfüllt wurde. Danach konnte das Wasser aus dem Innenraum des Kastendamms entfernt werden, was z.B. durch eine mit Wasserkraft angetriebene archimedische Schraube möglich war. Anschließend konnte die weiche Sedimentschicht von der Flußsohle entfernt werden. Nun war der Baugrund für den Pfahlrost vorbereitet, sodass 3 bis 4 m lange Pfähle aus Kastanienholz in den Untergrund gerammt werden konnten. Wie dicht die Pfähle gesetzt werden mussten, hing im Wesentlichen von den angetroffenen Bodenverhältnissen ab.

Nachdem man die Köpfe des Pfahlrostes auf eine Höhe gebracht hatte, konnte man mit dem Auslegen eines massiven Steinpflasters aus großen und schweren Einzelsteinen beginnen. Etwaige Unebenheiten konnten mit der ersten Schicht des Mauerwerks noch begradigt werden. Diese Gründungsmethode der Römer war prinzipiell aus den Schriften Vitruvs bekannt. Nach Erfindung des Buchdrucks wurden die Techniken der Römer in neuer Literatur Z.B. (Fra) Giovanni Giocondo: "De architectura libri decem" mit Illustrationen [1511]. aufgegriffen, beschrieben und verbessert. Allerdings war das römische Wissen um den wasserfesten Zement mit vulkanischen Aschen inzwischen verloren gegangen.

Eine Weiterentwicklung im Vergleich zum Ponte Vecchio waren die spitzwinkligen Wellenbrecher auf der Oberstromseite, die dem Wasser weniger Widerstand entgegensetzten und an denen sich Treibgut schlecht halten konnte. Das Aufmauern der Pfeiler bis zum Bogenansatz (Kämpfer) stellte sicher kein größeres Problem für die Handwerker dar. Aber dann ging es an die Bögen, für die zunächst die Schalungen exakt zu positionieren waren.

Der komplizierte Bogenverlauf wurde in der Praxis vom Lehrgerüst vorgegeben und entsprechend genau mussten die Zimmerleute arbeiten. Das Gerüst durfte an keiner Stelle nachgeben, weil eine solche Ungenauigkeit an den fertigen Bögen sofort sichtbar geworden wäre. Durch die Aufzeichnungen Parigis ist sogar der Name des Zimmermanns überliefert, der für dieses eigenständige Kunstwerk verantwortlich war: er hieß Giuliano de Monteacuto. Nach den Skizzen Parigis ruhte das Lehrgerüst nicht auf der Flußsohle, sondern auf Konsolen an den Innenseiten der Pfeiler. So hatten es auch schon die Römer gemacht, denn beim Abstützen im Flussbett wären unerwünschte Setzungen kaum zu vermeiden gewesen.

1569 war bei allen drei Bögen die erste Schicht gelegt, die einen besonders exakten Steinschnitt erforderte. Die Lehrgerüste entfernte man aber erst im September 1570. Das dürfte ein spannender Moment für Ammanati gewesen sein, denn nun musste sich zeigen, ob die Abweichung von den althergebrachten Regeln des Brückenbaus belohnt oder bestraft würde. Nach der bestandenen Prüfung dürfte allen Beteiligten ein Stein vom Herzen gefallen sein.

Im März 1571 war der Ponte die Santa Trinita vollendet und stand nun nicht nur Fußgängern, sondern auch allen damals bekannten Fahrzeugen zur Verfügung. Bei einem solchen Bauwerk, zumal in einer Stadt wie Florenz, war es für den Baumeister aber nicht damit getan, nur ein funktionales, den technischen Anforderungen genügendes Bauwerk zu schaffen. Vielmehr musste die Brücke auch den hohen ästhetischen Anforderungen der Renaissancezeit genügen. Es brauchte daher auch "Ausschmückungen" oder, wie man damals sagte: "Verzierungen". Ammanati ließ daher über jedem Bogen beidseitig Kartuschen aus weißem Marmor anbringen, die einen auffälligen Kontrast zur Farbe des "Pietraforte", dem für die Region typischen, braun-gelblichen Sandstein bilden. Interessanter sind aber noch die vier Statuen, die paarweise vor den beiden Brückenzufahrten aufgestellt wurden und Allegorien auf die vier Jahreszeiten symbolisieren. Diese wurden allerdings erst 1608 aufgestellt, 16 Jahre nach Ammanatis Tod.


Technische und kunsthistorische Bedeutung


Die Rekonstruktion der Bögen
Die Rekonstruktion der Bögen durch Riccardo Gizdulich nach historischem Vorbild.
Wie das Foto aus dem Jahr 1956 zeigt, wurde das Lehrgerüst für die Bögen,
anders als bei Ammanati, im Flussbett abgestützt.

Der Ponte di Santa Trinita ist eine in technischer, architektonischer und kunsthistorischer Beziehung außergewöhnliche Brücke. Gemeinsam mit vielen anderen Bauwerken wird sie schon seit 1982 als Ensemble "Historic Center of Florence" in der Liste des UNESCO-Welterbes geführt. Sie ist ein Musterbeispiel für die Zeit der Renaissance, in der man an die Techniken und Künste der Antike anknüpfte, sie weiterentwickelte aber auch ganz neue Erfindungen machte, wie z.B. den Buchdruck oder das Uhrwerk mit Zahnrädern.

Hatte schon der Ponte Vecchio 225 Jahre vorher den europäischen Brückenbau revolutioniert, sorgte Ammanati mit dem Ponte di Santa Trinita nur wenige Meter stromabwärts für einen neuen Höhepunkt der Bautechnik. Römische Steinbogenbrücken hatten normalerweise ein Verhältnis der Pfeilhöhe zur Spannweite Diese Relation eines Bogens nennt man "Pfeilverhältnis", selten auch "Überspannung" oder "Kühnheit". von 1:2. Der flache Segmentbogen des Ponte Vecchio galt mit einem Verhältnis von 1:6,5 über zwei Jahrhunderte lang als vortreffliches Beispiel für Eleganz. Doch dann kam Ammanati mit dem Ponte di Santa Trinita und einem Pfeilverhältnis von 1:8! Gemeinsam mit schmaleren Pfeilern und einem dünneren Bogenscheitel war sie nun fraglos die eleganteste Brücke in Florenz, auch wenn die meisten Touristen dem Ponte Vecchio nach wie vor mehr Beachtung schenken.

Aus der Sicht eines modernen Menschen, dem auch der Anblick von filigranen Stahl- oder Stahlbetonbrücken bekannt ist, scheint der Ponte di Santa Trinita vielleicht nicht sonderlich spektakulär. Wenn man aber versucht, sich in die Zeit der Renaissance zurückzuversetzen, in der die meisten Steinbogenbrücken massige, grobe Bauwerke waren, erscheint der Ponte di Santa Trinita leicht, fast schwerelos zu sein. Der besonders auch an der Ästhetik der Brücken interessierte Fritz Leonhardt beschrieb sie so: In "Die blauen Bücher - Brücken" (1951). "Flache Bögen, am Übergang zum Pfeiler gerundet, zierlich, ja anmutig profiliert und geschmückt, wie ein barockes Möbelstück."

Über 350 Jahre lang war der Ponte di Santa Trinita eine der Attraktionen in Florenz und zog gemeinsam mit anderen Bauwerken und Kunstgegenständen viele Bildungsreisende und die ersten gutsituierten Touristen in die Toskana. Während dieser langen Zeit überstand sie viele gesellschaftliche Veränderungen und Hochwässer des Arno, bevor es im Zweiten Weltkrieg zur Katastrophe kam.


Sinnlose Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Am 4. August 1944 wurden alle Arnobrücken in Florenz von deutschen Soldaten auf dem Rückzug gesprengt, bis auf den Ponte Vecchio, der diesem sinnlosen Aktionismus durch glückliche, nicht vollständig rekonstruierbare Umstände, entging. Der Ponte di Santa Trinita wurde aber so stark beschädigt, dass alle drei Bögen in den Arno stürzten. Diese rücksichtslose Tat hatte keinerlei Einfluss auf den weiteren Kriegsverlauf, war aber in kunsthistorischer Hinsicht ein schwerer Verlust für die Stadt Florenz und alle kunstgeschichtlich interessierten Menschen. Das gleiche Schicksal erlitten im Zweiten Weltkrieg noch unzählige andere Brücken und tun es natürlich auch heute noch, in jedem einzelnen Krieg.

Da der Ponte di Santa Trinita, neben seiner historischen Bedeutung, für die Stadt auch verkehrstechnisch nicht ganz unwichtig war, errichtete man relativ schnell eine Bailey Brücke auf den Pfeilerstümpfen, um zumindest für Fußgänger und leichte Fahrzeuge die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Man war sich relativ schnell einig, dass die Brücke wieder in ihrem originalen Erscheinungsbild aufgebaut werden müsste. Schon im November 1944 begann Riccardo Gizdulich die vorhandenen Trümmer zu bergen und genaue Vermessungen vorzunehmen.

Gizdulich, der Architekt und Beamter der italienischen Staatsbehörden war, beschäftigte sich intensiv mit den technischen Details des Bauwerkes aber auch mit den historischen Bauabläufen. Durch seine Studien gelang es ihm, einen jahrhundertealten Streit der Kunsthistoriker zu entscheiden, indem er die von Ammanati gewählte Bogenform entschlüsselte. Er fand heraus, dass es sich nicht, wie die meisten Fachleute glaubten, um einen Korbbogen handelte, sondern vielmehr um die sogenannte Kettenlinie oder wissenschaftlich ausgedrückt, den Cosinus Hyperbolicus.

Dies ist auch durchaus nachvollziehbar, weil man den Verlauf der Kettenlinie nicht aus einer komplizierten mathematischen Funktion berechnen muss, sondern in einem praktischen Versuch ermitteln kann. Zu Ammanatis Zeit waren geometrisch-mathematische Formdefinitionen nämlich gar nicht üblich. Darauf weist schon Dietrich hin (s.Quellen). Wenn man eine Schnur oder eine Kette an zwei Punkten fixiert und sie frei durchhängen lässt, ist die sich durch die Schwerkraft ergebende Form die Kettenlinie. Um zu den Kurven der Brückenbögen zu kommen, muss man die Kettenlinie auf eine Projektionsfläche übertragen und um 90° drehen.


Wie Phönix aus der Asche...


Das Hochwasser 1966
Das Hochwasser des Arno im November 1966 zerstörte zahllose
kunsthistorische Objekte in Florenz. Im Gegensatz zum Ponte
Vecchio blieb der Ponte di Santa Trinita jedoch verschont.

Riccardo Gizdulich kann man nur als Glücksfall für die ihm übertragene Aufgabe bezeichnen, denn ihm ist es letztlich zu verdanken, dass die Brücke heute wieder so schön ist, wie sie vor ihrer Zerstörung war. Es gab im Vorfeld der Rekonstruktion die Auffassung, man solle die Brücke zwar weitgehend in der originalen Form wieder aufbauen, aus Kostengründen aber Beton verwenden und moderne Bauverfahren einsetzen. Obwohl Gizdulich sich vehement dagegen aussprach, wurde der Vorschlag im Jahr 1950 zunächst politisch akzeptiert. Weil es daraufhin aber aus dem In- und Ausland heftige Kritik an dieser Entscheidung gab, ließ man sie schließlich fallen. Daraufhin erhielt Gizdulich die Möglichkeit, die Brücke weitgehend mit dem geborgenen Baumaterial und mit traditionellen Methoden wieder aufzubauen.

Der Ponte di Santa Trinita wurde in der Zeit von 1955-1957 aufwändig und mit hohen Kosten originalgetreu rekonstruiert. Wie das Ergebnis beweist, hat sich der Aufwand gelohnt. Die Brücke wurde 1958 unter großer Anteilnahme der Florentiner Bevölkerung ein zweites Mal eingeweiht. Man hatte auch die "Verzierungen" wieder genau so angeordnet wie sie vor der Zerstörung ausgesehen hatten.

Allerdings gab es noch einen kleinen Wermutstropfen: der Allegorie auf den Frühling fehlte der Kopf. Diesen hatte man nach der Zerstörung 1944 zwar gefunden wie die anderen Skulpturen auch, er war aber seit unbekanntem Zeitpunkt nicht mehr auffindbar. Daraufhin setzte ein amerikanischer Hersteller von Kugelschreibern eine Belohnung von 3.000 Dollar aus, die weltweit veröffentlicht wurde. Erfreulicherweise war dieser Aufruf erfolgreich: der Kopf wurde 1961 wieder aufgefunden und der Primavera hinzugefügt.

Acht Jahre nach der Wiedereröffnung hatte der Ponte di Santa Trinita erneut eine gefährliche Situation zu überstehen, bei der ein großer Teil des historischen Zentrums von Florenz verwüstet wurde. Das Hochwasser am 4. November 1966 war das höchste, das jemals in Florenz registriert wurde und hatte katastrophale Folgen für viele historische Bauwerke und unbezahlbare Kunstschätze. Auch der benachbarte Ponte Vecchio wurde dabei stark beschädigt, aber der Ponte di Santa Trinita kam mit einem blauen Auge davon. Inzwischen hat man einiges unternommen, Manche Experten meinen allerdings nicht genug... um die Hochwassergefahr, der Florenz über Jahrhunderte ausgesetzt war, zu reduzieren. Man kann sich nur wünschen, dass dieses wunderbare Bauwerk noch lange erhalten bleibt.

Quellen: Interne Links:
  • Richard J. Dietrich: "Faszination Brücken - Baukunst, Technik, Geschichte" [München 2001]
  • Karl-Eugen Kurrer: "Auf der Suche nach dem Gleichgewicht - Geschichte der Baustatik" [Berlin 2016]
  • David J. Brown: "Brücken - Kühne Konstruktionen über Flüsse, Täler, Meere" [München 2005]
  • Stefan M. Holzer: "Gerüste und Hilfskonstruktionen im historischen Baubetrieb". [Berlin 2021]
  • Paul Bonatz und Fritz Leonhardt: "Brücken - Die blauen Bücher" [Königstein 1951]
  • Giovanni (Fra) Giocondo: "Vitruvs 10 Bücher über die Architektur". Neu herausgegeben mit 140 Holzstichen [Venedig 1511]. Online: Heidelberger historische Bestände
  • Rudolf Floss: "Fundierung alter Brücken". Veröffentlicht in "Beiträge zur Geschichte des Bauingenieurwesens"; Vorträge im Wintersemester 1993/94 an der TU München.
  • Prof. Andrea Pane: "La ricostruzione del ponte a Santa Trinita a Firenze" [Florenz 2017]
    www.docenti.unina.it/
  • structurae.de
  • www.storiadifirenze.org

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