Hans Ulrich Grubenmann

23.03.1709 - 22.01.1783


Hans Ulrich Grubenmann wenige Monate vor seinem Tod
1709 Geburt in Teufen / Schweiz
ca. 1723 Beginn einer Zimmermannslehre bei seinem Vater
1732 Erste Ehe mit Anna Gähler (gest. 1768)
1736 Tod des Vaters
1743 Wiederaufbau der Stadt Bischofszell
1758 Tod des Bruders Jakob.
Oberhaupt des Familienunternehmens.
Rheinbrücke Schaffhausen.
1766 Limmatbrücke bei Wettingen
1767 Einweihung der Kirche in Wädenswil
1769 Zweite Ehe mit Magdalena Fässler (gest. 1778)
1779 Dritte Ehe mit Anna Müller
1783 Tod in Teufen

Hans Ulrich Grubenmann war das berühmteste Mitglied einer legendären Zimmermannsfamilie aus der schweizerischen Gemeinde Teufen im Kanton Appenzell-Ausserrhoden. Nach Meinung von Ingenieuren und Historikern hoben er und seine beiden Brüder den konstruktiven Holzbau auf ein später nie mehr erreichtes Niveau. Neben Kirchen und herrschaftlichen Wohnhäusern gehörten vor allem auch weit gespannte Holzbrücken zum Repertoire der Grubenmanns.

Hans Ulrich Grubenmanns Geburtstag wird in den meisten Veröffentlichungen mit dem 23. März 1709 angegeben. Auch der 23. Juni 1709 wird gelegentlich genannt, ist jedoch mit Sicherheit falsch. Es gibt jedoch gute Gründe zu vermuten, dass er einige Tage vorher geboren wurde und der 23. März der Tag seiner Taufe war. Dies ergibt sich aus den handschriftlichen Aufzeichnungen des Pfarrers Tobler anlässlich der Leichenrede bei Grubenmanns Bestattung: "natus Anno 1709, den 23. Martii baptizatus" heißt es dort. Sein Geburtsort war die kleine Gemeinde Teufen, wenige Kilometer südlich von St. Gallen. Sein Vater Uly war ein angesehener Zimmermann mit einem seit vielen Generationen bestehenden Familienbetrieb. Hans Ulrichs Mutter hieß Barbara (geb. Zürcher), von der aber außer ihrem Namen wenig bekannt ist. Überhaupt sind persönliche Informationen über die Familie Grubenmann äußerst rar und teilweise auch recht verwirrend. Zum Beispiel wird Hans Ulrich in zahllosen Veröffentlichungen "Johannes Ulrich" genannt. Er selbst nannte sich aber stets Hans Ulrich.


Kurze Schulzeit - harte Kindheit

Aus heutigem Blickwinkel scheint Hans Ulrich Grubenmann nur eine bemerkenswert kurze Schulzeit genossen zu haben. Damals entsprach die wenige Jahre umfassende Ausbildung in einer ländlichen Volksschule aber durchaus dem Normalfall. Offenbar sahen auch die Eltern keinen Anlass dafür, den Sohn anschließend noch auf eine weiterführende Schule zu schicken, die wahrscheinlich weit entfernt gelegen und zudem sehr teuer gewesen wäre. Der berufliche Werdegang der Nachkommen war ohnehin familiär vorbestimmt: alle Söhne wurden Zimmermänner, wie ihr Vater, der gleichzeitig auch ihr Lehrmeister war. Die ersten 25 Lebensjahre Hans Ulrich Grubenmanns liegen weitgehend im Dunklen. So ist auch nicht bekannt, ob er als junger Mann die zunftgemäße Wanderschaft (Walz) unternommen hat.

Die Ausbildung im elterlichen Betrieb dürfte der damaligen Zeit entsprechend sehr hart gewesen sein. Man stelle sich einen 14-jährigen Jungen vor, der unter den klimatischen Bedingungen der Ostschweiz einen Beruf erlernte, der fast immer unter dem freien Himmel ausgeübt wurde, bei dem der Arbeitstag in der Regel von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang reichte und der eine robuste körperliche Konstitution verlangte. Natürlich blieb da kein Raum für eine altersgemäße Entwicklung oder gar eine unbeschwerte Jugend. Der tägliche Überlebenskampf der Familie dürfte ihn von Kindheit an geprägt haben. Es gab nur wenige berufliche Alternativen zum väterlichen Handwerk und entsprechend groß war auch die Konkurrenz.

Hans Ulrich lernte früh, dass alle Familienmitglieder einen entscheidenden Nachteil hatten: keiner von ihnen war länger als acht Jahre zur Schule gegangen und niemand hatte die Meisterprüfung abgelegt. Also war auch kein Grubenmann Mitglied der mächtigen Handwerkszunft, die je nach örtlichen Verhältnissen dazu in der Lage war, die besten Aufträge auf ihre Mitglieder zu verteilen. Da ihnen die entsprechenden Zeugnisse fehlten, konnten die Grubenmanns nur durch ihre praktische Arbeit überzeugen. Sie mussten besser - und wahrscheinlich meistens auch billiger - sein, als die organisierte Konkurrenz.

Vater Grubenmann scheint bereits ein außergewöhnlich begabter Zimmermann gewesen zu sein, der seine Fähigkeiten vorwiegend aus seiner persönlichen Erfahrung bezog und zu einem gewissen Teil auch aus dem, was ihm sein eigener Lehrmeister einst beigebracht hatte, der vermutlich ebenfalls sein Vater war. Zweifellos hatte Hans Ulrich in seinem Bruder Jakob noch eine weitere wichtige Bezugsperson, von der er sehr viel lernte. Jakob war 15 Jahr älter als Ulrich und gilt in Fachkreisen als ebenso begabt. Aufgrund seiner aufsehenerregenden Brückenprojekte erreichte Hans Ulrich aber den deutlich größeren Bekanntheitsgrad.


Die Hierarchie bei den Grubenmanns

Da es sich naturgemäß um einen Familienbetrieb konservativer und patriarchalischer Prägung handelte, erstaunt es nicht weiter, dass der Name Hans Ulrich Grubenmann erst nach dem Tode des Vaters (1736) erstmalig in den Akten erscheint. Das damit im Zusammenhang stehende Ereignis ist eine verheerende Feuersbrunst in Bischofszell (Thurgau) im Jahr 1743, bei dem ein großer Teil der Stadt bis auf die Grundmauern niederbrannte. Hans Ulrich Grubenmann und seine beiden Brüder erhielten den Auftrag mit ihren 'ausländischen' Bautrupps insgesamt 13 große Privathäuser wieder aufzubauen.

"Statt Bischofszell. Wie selbige Anno 1743 in Brand gestanden ist"

Wie auch später immer wieder, kam es dabei zu Streitigkeiten mit den ortsansässigen Handwerkern, die eine Entschädigung für die entgangenen Aufträge verlangten. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es den Grubenmanns aber die Häuser in nur zehn Monaten aufzurichten. Wenn man bedenkt, dass alles Baumaterial mit Pferdefuhrwerken über unwegsame Straßen herangeschafft werden musste, die Baumstämme mit der Breitaxt zu Bauholz verarbeitet wurden und es keine Hebemaschinen gab, ist das eine beachtliche organisatorische Leistung.

In Bischofszell war Hans Ulrich Grubenmann zweifelsfrei bereits mit von der Partie aber im Allgemeinen scheint er in den ersten beiden Jahrzehnten seines Berufslebens im familiären Betrieb eher die Sparte 'Brückenbau' abgedeckt zu haben. Bei größeren Projekten unter Zeitdruck arbeiteten die Brüder zwar stets zusammen aber daneben hatte jeder seine spezielle Stärke, so wie Hans Ulrich den Brückenbau.

Nach dem Tod Jakobs im Oktober 1758 übernahm Hans Ulrich die Leitung des Familienbetriebes, zu dem nun auch die Söhne von Jakob und Johannes gehörten. Man darf sich das Grubenmannsche Baugeschäft aber nicht als straff organisiertes Unternehmen mit ausgeprägter Hierarchie vorstellen. Im Prinzip arbeitete jeder der Brüder auf eigene Rechnung, wobei man sich aufgrund der jeweiligen Schwerpunkte keine gegenseitige Konkurrenz machte. Wenn sich aber die Chance für einen größeren Auftrag ergab, wurden die Kapazitäten gebündelt und die Brüder traten wie eine Firma auf.


Brückenbau

Hans Ulrich Grubenmann lenkte seinen beruflichen Ehrgeiz besonders auf die Überbrückung großer Spannweiten. Diese besondere Fähigkeit erwarb er sich beim Bau von großen Holzbrücken und wandte sie später auch auf Kirchen und Dachstühle von herrschaftlichen Wohnhäusern an. Er scheint fast ausschließlich nach seinen eigenen Entwürfen gearbeitet zu haben, obwohl er keine entsprechende theoretische Ausbildung besaß. Das Anfertigen von Rissen und technischen Zeichnungen hatte er von seinem Vater und seinem Bruder Jakob erlernt. Diese Fähigkeit war besonders wichtig für die Beteiligung an öffentlichen Wettbewerben und Ausschreibungen.

Hans Ulrich fertigte Zeichnungen aber nur an, wenn er von außen dazu veranlasst wurde. Er selbst legte bei der Vorbereitung seiner Baumaßnahmen wesentlich mehr Wert auf die Anfertigung von maßstabsgetreuen Modellen. Ein solches Modell zu bauen erforderte großes Geschick und viel Zeit, bot aber andererseits auch handfeste Vorteile. Zum Beispiel konnte sich auch ein technisch unversierter Auftraggeber anhand eines Modells das fertige Bauwerk viel besser vorstellen.

Grubenmann scheint die Modelle aber auch für maßstabsgetreue Belastungsversuche verwendet zu haben. Da zur damaligen Zeit noch keine statischen Berechnungen durchgeführt wurden, kam diesen Versuchen eine besondere Bedeutung bei. Die 'Dimensionierung' erfolgte aufgrund der persönlichen Erfahrung. Dazu gehörte es für die Grubenmanns auch, dass die fertigen Bauwerke im laufenden Betrieb regelmäßig inspiziert wurden, um festgestellte Fehler oder Schwachstellen bei zukünftigen Bauwerken nicht zu wiederholen. Während die meisten Bauwerke Ulrich Grubenmanns heute verschwunden sind, haben einige seiner Modelle die Zeit überdauert. Die Modelle selbst waren schon kleine Kunstwerke und belegen, wie intensiv er sich mit seinen Projekten beschäftigte.

Eine der ersten Brücken an denen Hans Ulrich Grubenmanns mitarbeitete, war wohl die Oberachbrücke über die Goldach bei Speicherschwendi im Kanton Appenzell-Außerhoden. Die Brücke aus dem Jahr 1739 hat eine Spannweite von 16 m und besteht noch heute. Wie bei allen Brücken der Grubenmanns handelt es sich um eine 'gedeckte' Brücke, das heißt es wurde eine Art Holzhaus über die gesamte Brücke gebaut, um die tragenden Konstruktionsteile vor den Unbilden des Wetters zu schützen. Die genauen Arbeitsanteile der einzelnen Familienmitglieder sind wie bei allen Bauwerken der Grubenmanns schwer voneinander zu trennen. Da sein Vater 1739 bereits seit drei Jahren tot war, kann man aber davon ausgehen, dass der Entwurf und die Planung von seinem Bruder Johannes Grubenmann stammt. Bei der vier Jahre später errichteten Ziegelbrücke bei Niederurnen im Kanton Glaris könnte Hans Ulrich aber schon die Führungsrolle übernommen haben.

Das Modell des ersten Brückenentwurfes für die Schaffhausener Brücke.
Nur ein Bogen mit einer Spannweite von 119 m sollte den Rhein überspannen.

Die genaue Anzahl der von Hans Ulrich Grubenmann gebauten Brücken ist nicht bekannt. Historiker gehen aber davon aus, dass er über 20 Brücken entwarf und auch wirklich baute. Darüber hinaus hat er noch für ca. zehn weitere Brücken Zeichnungen oder Modelle angefertigt, die aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht verwirklicht wurden.


Wie baute man im 18. Jahrhundert eine Holzbrücke?

Durch eine Arbeit von Joseph Killer ist uns einiges darüber bekannt, wie bei den Grubenmanns ein Brückenbau ablief. Die Beschaffung des Materials, also des Bauholzes, der Steine, des Kalks usw. war in der Regel Sache des Bauherrn, wurde aber mit dem Auftragnehmer abgestimmt. Das Heranschaffen des Materials zur Baustelle mussten die Bürger der jeweiligen Gemeinde auf der Basis von Frondiensten übernehmen. Jedes Familienoberhaupt musste mit seinen Zugtieren und Wagen eine bestimmte Arbeitsleistung für die Gemeinde erbringen. Dies geschah meist über den Winter, damit im Frühjahr zügig mit den Arbeiten begonnen werden konnte.

Ulrich Grubenmann rückte in der Regel mit so vielen Arbeitern an, wie auf der Baustelle beschäftigt werden konnten, ohne dass diese sich gegenseitig behinderten. Dadurch und durch seine perfekte Baustellenorganisation war es ihm möglich, schneller zu bauen als irgendjemand sonst zu dieser Zeit. Zu den eigentlichen Bauarbeiten gehörte auch die Herstellung der Balken und Bretter aus rohen Baumstämmen. Diese anstrengende Arbeit wurde hauptsächlich mit der Breitaxt ohne jeden Maschineneinsatz vollbracht. Nachts musste eine Wache auf dem Werkplatz aufgestellt werden, denn das Baumaterial war sehr wertvoll und bei Dieben entsprechend begehrt.

Ulrich Grubenmann scheint bei seinen Bauwerken generell sehr eigensinnig gewesen zu sein. Hatte er sich einmal zu einem bestimmten technischen Verfahren oder zu einem Gestaltungskonzept entschlossen, ließ er sich nur sehr schwer davon abbringen, von wem auch immer. Er scheint nur in Ausnahmefällen nach fremden Plänen gearbeitet zu haben und war im Umgang mit anderen Handwerkern und Künstlern wenig zimperlich. So hart Ulrich Grubenmann an seinen Bauwerken arbeitete, so ausgiebig feierte er nach getaner Arbeit auch stets deren Vollendung.

Sein schon zu Lebzeiten weit über die Grenzen der Schweiz hinausreichender Ruhm als Architekt und Ingenieur begründet sich vor allem auf zwei besonders erstaunlichen Brücken: die Rheinbrücke bei Schaffhausen und die Limmatbrücke beim Kloster Wettingen.


Die Rheinbrücke bei Schaffhausen (1758)

Bei einem Hochwasser am 3. Mai 1754 stürzte die über 100 Jahre alte Rheinbrücke bei Schaffhausen in sich zusammen. Wie die Stadtchronik vermerkt, sollen dabei zwei "Weibspersonen von Frauenfeld" ums Leben gekommen sein. Die Steinbogenbrücke aus dem Jahr 1611 galt schon lange vorher als sanierungsbedürftig. Wegen der hohen Kosten waren die notwendigen Arbeiten aber immer wieder verschoben worden.

Da sich der Stadtrat uneinig darüber war, wie die neue Brücke beschaffen sein sollte, holte man sich zunächst Rat bei anderen Städten, die ähnliche Probleme mit ihren Brücken hatten. Als Ergebnis dieser Befragung wurde schließlich entschieden, eine Holzbrücke bauen zu lassen und erfahrene Zimmerleute wurden zur Abgabe von entsprechenden Angeboten aufgefordert. Drei davon kamen in die nähere Auswahl, darunter auch Hans Ulrich Grubenmann, der gleich ein kunstvoll gefertigtes Modell seines Entwurfes mitbrachte.

Den Weg von Teufen nach Schaffhausen (Luftlinie ca. 70 km) musste er zu Fuß bewältigen. Dabei soll er das zerlegte Modell im Rucksack transportiert haben. Sein Entwurf sah die Überbrückung des Rheins mit nur einem einzigen hölzernen Bogen mit einer Spannweite von 119 m vor. Da die Stadträte eine solche Weite für undurchführbar hielten oder zumindest das Risiko nicht eingehen wollten, soll Grubenmann 'mit seiner ganzen Leibesfülle' auf das Modell gesprungen sein um die Stabilität seiner Konstruktion zu beweisen. Er erhielt daraufhin auch den Auftrag, allerdings mit der Auflage, den einzig verbliebenen Pfeiler der alten Steinbrücke mitzuverwenden. Da der Pfeiler nicht genau in Flussmitte stand, ergaben sich Spannweiten von 63 und 56 m.


Konstruktionszeichnung der ausgeführten Rheinbrücke in Schaffhausen. In der Draufsicht (oben) ist der Knick über dem alten Brückenpfeiler gut zu erkennen.
Die Ansicht zeigt die beiden Einzelbögen sowie darüber den großen Bogen, der die gesamte Flussbreite überspannt.

Angeblich soll sich Ulrich Grubenmann sehr über diese Auflage geärgert haben, wollte sich auf der anderen Seite einen so lukrativen Auftrag aber auch nicht entgehen lassen. Er argumentierte (erfolglos) damit, dass eine Brücke ohne Stützpfeiler im Fluss weniger anfällig gegen Hochwasser sei. Die Verwendung des Pfeilers führte aber noch zu einem weiteren Problem, weil dieser sich nicht genau in einer Linie mit den beiden Widerlagerpunkten befand. Die äußeren Punkte konnten wegen der seitlichen Bebauung nicht verändert werden, sodass der Weg über den alten Pfeiler nur durch einen Knick von etwa 8° zu realisieren war. Auch dieser ästhetische Mangel fand verständlicherweise nicht die Zustimmung des Baumeisters. Wenn man bedenkt, dass eine Spannweite von fast 120 m damals die größte in der ganzen Welt gewesen wäre, scheint Grubenmanns Missmut verständlich.

Unwillig plante Grubenmann seine Konstruktion in der Weise um, dass nun zwei Bogen mit der verlangten Mittelabstützung vorhanden waren. Allerdings ordnete er noch einen dritten Bogen an, der die gesamte Brückenlänge von 119 m überspannte. Für den geänderten Entwurf fertigte er ein zweites Modell an. Der weiteren Legende nach soll dieser große Bogen die Brücke alleine getragen haben, ohne dass der Mittelpfeiler wirklich erforderlich gewesen wäre. Bei der Einweihung der Brücke habe die Konstruktion auf dem Mittelpfeiler nicht aufgelegen, sondern hätte - vom Ufer aus kaum sichtbar - einige Zentimeter frei darüber geschwebt. Erst im Laufe der Zeit habe sich das Holzwerk 'gesetzt' und sich erst dann auf dem Mittelpfeiler abgestützt.

Die Limmatbrücke bei Wettingen. Der Bogen hatte eine Spannweite von 60 m.

So heroisch diese Geschichte auch klingen mag, gehört sie vermutlich doch in das Reich der eidgenössischen Sagen und Legenden. Tatsächlich hat Ulrich Grubenmann aber bis zu seinem Tode stets behauptet, die Brücke würde nicht auf dem mittleren Pfeiler aufliegen und überspanne den Rhein von einem Ufer zum anderen ohne jede Unterstützung. Der britische Historiker William Coxe berichtet in seiner Reisebeschreibung der Schweiz, "Travels in Switzerland, and in the country of Grisons". Coxe, William; London 1791 Hans Ulrich Grubenmann hätte ihm gegenüber geäußert, er habe in Schaffhausen die größte Brücke der Welt gebaut.

Obwohl die Schweiz bis heute ein Land mit reichen Waldbeständen ist, war das benötigte Material nicht leicht zu beschaffen. Schließlich musste das Holz aus dem etwa 100 km entfernten Bregenzer Wald herangeholt werden. Benötigt wurden u.a. 400 große Tannen und 20 sogenannte 'Dollbäume', das sind besonders hohe und gerade Tannen. Außerdem brauchte man 400.000 Holzschindeln zum Decken des Daches. Grubenmann reiste im Winter 1755/ 56 mehrmals in den Bregenzer Wald, um die Bäume selbst auszuwählen und die weitere Bearbeitung zu organisieren. Dabei bereiteten ihm der viele Schnee und ein Förster namens Fässler mancherlei Schwierigkeiten.

Die eigentlichen Bauarbeiten begannen erst im Frühjahr 1756 mit der Beseitigung der Trümmer der eingestürzten Brücke. Wie immer auf seinen Baustellen wurde sehr konzentriert und zügig gearbeitet. Grubenmann hatte den Ablauf genau im Kopf und jeder wusste was er zu tun hatte. Dennoch waren die Bauarbeiten nicht in einem Jahr zu schaffen und mussten zweimal über die Wintermonate unterbrochen werden. Am 2. Oktober 1758 war das große Werk vollbracht und die Brücke wurde dem allgemeinen Verkehr übergeben. Erst im folgenden Januar schlug Grubenmann das Gerüst ab. Dabei stürzte er mit einem Lehrling und zwei Arbeitern in den eiskalten Rhein. Die beiden Arbeiter ertranken, während er und der Lehrjunge sich mit knapper Not retten konnten.

Grubenmann erhielt für jeden Arbeitstag an der Brücke einen Lohn von 8 Gulden und 6 Kreuzern. Jeder seiner 10 bis 12 Arbeiter bekam täglich 36 Kreuzer sowie ein Maaß Wein und ein Pfund Brot. Da der Stadtrat von Schaffhausen sehr zufrieden mit der Brücke war, erhielt Grubenmann nach Vollendung des Werkes noch einen Bonus von 200 Gulden, insbesondere "wegen Verfertigung des mühsamen und künstlichen Modells". Das historische (zweite) Modell ist bis heute erhalten geblieben und kann im 'Museum zu Allerheiligen' in Schaffhausen bewundert werden. Eine Kopie befindet sich auch im Grubenmann-Museum in Teufen. Ein - allerdings erst um 1913 angefertigtes - Modell des ersten Entwurfes ist in der Brückenbauabteilung des Deutschen Museums in München zu sehen.

Die Rheinbrücke in Schaffhausen galt nach ihrer Fertigstellung als Meisterwerk der Zimmermannskunst. Da Schaffhausen durch den Rheinfall schon zu dieser Zeit viele Besucher anzog, wurde die Brücke durch 'Reiseberichte' und 'Landschaftsbeschreibungen' in ganz Europa bekannt. Auch zahlreiche Künstler reisten nach Schaffhausen um sich an diesem seltenen Objekt zu versuchen. Die Schaffhausener Brücke ist bis heute das bekannteste Bauwerk der Familie Grubenmann, obwohl die Brücke in Wettingen unter Fachleuten als technisch ausgereifter gilt.


Die Limmatbrücke bei Wettingen (1766)

Für die Brücke über die Limmat erteilte nicht ein Stadtrat den Auftrag, sondern der Abt des ansässigen Klosters. Grubenmann wurde 1764 nach Wettingen gerufen, um den Bau einer Brücke über die ca. 60 m breite Limmat zu verhandeln. Auch hier half ihm ein ebenso kunstvoll wie 'wohlverständlich' ausgearbeitetes Modell, Das originale Modell im Maßstab 1:40 wurde von Joseph Killer im Jahre 1942 im Tiefbauamt des Kantons Aargau in Aarau wiederentdeckt. Dort befindet es sich noch heute. Bei genauer Betrachtung ist festzustellen, dass bei der praktischen Ausführung durchaus vom Modell abgewichen wurde.
Im Grubenmann-Museum in Teufen existiert auch von diesem Modell eine Kopie.
um sich den Auftrag zu sichern. Anhand der Modelle lässt sich die ganze Kunstfertigkeit der Konstruktion am besten nachvollziehen. Die Limmatbrücke war zweifellos der Höhepunkt in Ulrich Grubenmanns Schaffen als Brückenbauer.

Die beiden einzigen heute noch existierenden Holzbrücken von Hans Ulrich Grubenmann
führen über die Urnäsch und liegen nur ca. 4 km voneinander entfernt.
Hier die 'Alte Tobelbrücke' bei Hundwil aus dem Jahr 1778.

Etwa sieben Jahre nach der Brücke in Schaffhausen vollendet, zeigt die Wettinger Brücke eine deutliche Weiterentwicklung. Die wichtigsten tragenden Elemente sind zwei flache aber sehr starke, 61 m weit gespannte Bogen. Jeder Bogen bestand aus sieben übereinander liegenden Kanthölzern (30 x 30 cm), war insgesamt also etwas mehr als 2 m hoch. Die einzelnen Lagen waren miteinander verzahnt und fest verschraubt, sodass die Bogen als monolithische Bauteile mit einem großen Trägheitsmoment wirkten.

An diesen Bogen ist der Fahrbahnträger mit massiven vertikalen Pfosten aufgehängt. Die Bogen waren an beiden Widerlagern eingespannt, sodass sich die Bogenwirkung voll entfalten konnte. Ohne Stützpfeiler im Fluss und mit einem großen Abstand zwischen der Unterkante des Trägers und der Wasseroberfläche war die Brücke dazu geeignet, die alljährlichen Frühjahrshochwasser zu überstehen.

Da die Limmatbrücke - anders als in Schaffhausen - nicht von einer staatlichen Institution mit entsprechender Aktenführung und Archivierung betrieben wurde, liegen hier deutlich weniger historische Dokumente über das Baugeschehen vor. Die logistische Arbeitsweise Grubenmanns dürfte aber ähnlich gewesen sein wie in Schaffhausen. Vor dem eigentlichen Baubeginn standen die Vorbereitung des Bauplatzes und das Herbeischaffen der Baumaterialien. Als verantwortlicher Polier auf der Baustelle fungierte jetzt der junge Johannes Grubenmann (1739 - ca. 1810), ein Sohn seines Bruders Johannes. Auch in Wettingen entsprach die Baustellenorganisation höchsten Ansprüchen, sodass die Arbeiten nach nur etwa zwei Jahre beendet waren.

Aus den bereits angesprochen Gründen fand die Limmatbrücke nicht die gleiche öffentliche Aufmerksamkeit wie die Brücke in Schaffhausen. Dennoch waren sich alle späteren Chronisten darin einig, dass die Wettinger Brücke den Höhepunkt des konstruktiven Holzbaus verkörperte. Danach trat ein Rückschritt ein, selbst wenn man die engagierten Arbeiten von Carl Friedrich von Wiebeking berücksichtigt. Da schon einige Jahre später die erste Brücke aus Eisen Die erste Eisenbrücke der Welt, die Ironbridge im englischen Coalbrookdale, wurde bereits 1779, also nur 13 Jahre nach dem Bau der Wettinger Brücke vollendet. gebaut wurde, wandte sich die Aufmerksamkeit im Brückenbau unweigerlich diesem neuen Baustoff zu. Das technische Niveau der Limmatbrücke konnte im Holzbau jedoch nie wieder erreicht werden.

Da das Kloster mit dem Bau der Brücke eine große finanzielle Verpflichtung eingegangen war, holte sich der Abt die Erlaubnis, für jede Benutzung der Brücke eine Maut zu vereinnahmen. Nachts wurde das Brückentor durch ein Gitter verschlossen, musste aber jederzeit für Besucher der Stadt geöffnet werden. Dafür musste das Kloster einen Brückenwächter einstellen, der Tag und Nacht im Dienst war und die erzielten Einnahmen wieder relativierte.

Bei den Veröffentlichungen über die Limmatbrücke kam es häufig zu Verwechslungen mit der Brücke von Schaffhausen, die sich teilweise bis heute fortsetzen. So wird die Spannweite des Wettinger Bogens immer wieder mit 119 m (der Gesamtlänge der Schaffhausener Brücke) angegeben. Selbst das Deutsche Museum in München gab 1913 das oben erwähnte Modell der Rheinbrücke von Schaffhausen in Auftrag, bei dem einige Details von der Wettinger Brücke übernommen wurden.


Die Zerstörung der historischen Holzbrücken

Die Geschichte der Grubenmannschen Brücken wäre nicht vollständig ohne von ihrem tragischen Ende zu berichten. Schon immer waren Brücken bei kriegerischen Auseinandersetzungen den strategischen Überlegungen der Kontrahenten zum Opfer gefallen. Eine hölzerne Brücke ist für derartige Überlegungen natürlich ein leichtes Opfer. In späteren Zeiten sollte sich aber auch für massivere Bauwerke immer eine Möglichkeit für ihre Zerstörung finden. Es gehören sehr viel Intelligenz, Mut und Fleiß dazu, eine solche Brücke zu bauen aber es genügt ein schlichtes Gemüt und ein Streichholz, um sie zu zerstören.

Das Innere der 'Kubelbrücke' bei St. Gallen (1780). Sie ist die zweite heute noch bestehende
Brücke Grubenmanns. Wegen der noch aus dem ursprünglichen Bestand
erhaltenen Texte, wird sie auch die 'sprechende Brücke' genannt.

Aus verschiedenen politischen und geostrategischen Gründen überfielen die Franzosen im Januar 1798 die Schweiz, besiegten sie in kurzer Zeit und zwangen sie zu einem ungleichen Bündnis. Dies lockte ausländische Feinde der Franzosen in die Schweiz, wie z.B. die Österreicher, was zu erheblichen Verwüstungen des Landes führte. Im Laufe der kriegerischen Auseinandersetzungen wurden auch viele Brücken in der Schweiz zerstört, darunter die wichtigsten Bauwerke der Familie Grubenmann. Bereits Anfang des Jahres 1799 Über das exakte Datum des Brandes existieren unterschiedliche Angaben. wurde die Rheinbrücke bei Schaffhausen mit Hilfe von Pech und Teerstricken angezündet. Die kunstvolle Brücke, die so viel Mühen und Geld gekostet hatte, brannte nach den Aufzeichnungen eines Schaffhauser Chronisten "fünf Stunden lang schaurig schön". Nur wenige Wochen später zündeten die Franzosen auch Grubenmanns Ziegelbrücke über die Linth bei Niederurnen an.

Vielleicht der größte Verlust war aber die Zerstörung der Limmatbrücke in Wettingen. Am 6. Juni 1799 hielt der französische Befehlshaber Masséna im Kloster Wettingen Kriegsrat mit seinen Offizieren und gab am darauf folgenden Tag den Befehl, auch die Wettinger Brücke zu opfern. Der gesamte Brückenträger wurde mit Strohballen gefüllt und angezündet: "zwischen 6 und 7 Uhr wird so die schönste Brücke der Schweiz Ivo Pfyffer: "Die Limmatbrücke beim Kloster Wettingen" in Badener Neujahrsblätter (1934). durch Feuer zerstört" . Es ist wahrscheinlich als Glück zu bezeichnen, dass Hans Ulrich Grubenmann die gewaltsame Zerstörung seiner Brücken nicht mehr erleben musste, denn er war schon viele Jahre vorher gestorben.

Auch Hans Ulrich Grubenmann hatte nicht bei jeder Bewerbung um einen Auftrag Erfolg. Es spricht aber für seine internationale Bekanntheit, dass er 1768 von Frederick Hervey, dem Bischof der Stadt Derry (heute Londonderry, Nordirland) dazu aufgefordert wurde, sich an einem Wettbewerb für einen Brückenbau in seiner Stadt zu beteiligen. Hervey hatte auf zwei Europareisen die Brücken Grubenmanns kennengelernt und wünschte sich ein ähnliches Bauwerk über den Foyle River. Dieser Fluss hat bei Derry an der engsten Stelle eine Breite von immerhin 160 m, Im Text der zweiten Ausschreibung hieß es, die Brücke solle 827 Schuh lang werden. Da 1 Schuh in Schaffhausen eine Länge von 29,78 cm maß, wäre die Brücke etwa 246 m lang geworden. sodass die Brücke damals ein Rekordbauwerk gewesen wäre. Grubenmann fertigte das Modell mit nur einem hölzernen Bogen für 100 Louisdor an und schickte es 11 Monate später nach Irland. Obwohl der Bischoff sehr zufrieden mit der kunstvollen Arbeit war, ließ er den Wettbewerb auf europäischer Ebene später noch einmal wiederholen. Tatsächlich wurde die Brücke erst einige Jahre später gebaut, als Hans Ulrich Grubenmann bereits verstorben war.


Die Reformierte Kirche in Wädenswil


Obwohl Grubenmann gerade im Brückenbau außergewöhnliche Leistungen vollbrachte, wäre es ein Fehler ihn nur auf dieses Fach zu reduzieren. Hatte zu Lebzeiten meistens sein Bruder Jakob den Bau von Kirchen übernommen, wandte sich Hans Ulrich nach dessen Tod auch immer mehr diesem Thema zu, mit dem sich sowohl bei der Geistlichkeit als auch in der Bevölkerung viele Sympathien gewinnen ließen. Auch hier bewies Ulrich große Fähigkeiten. Da Kirchen im Gegensatz zu Brücken selten in das Kalkül der Militärs geraten, sind heute mehr Kirchen von Ulrich Grubenmann erhalten als Brücken.

An dieser Stelle soll aber nur auf einen außergewöhnlichen Kirchenbau hingewiesen werden: die Reformierte Kirche in Wädenswil am westlichen Ufer des Zürichsees. Ulrich Grubenmann erhielt 1763 von der Kirchengemeinde den Auftrag, die romanische Kirche aus dem Mittelalter zu ersetzen. Auch hier hatte ein Modell Das historische Modell der Kirche scheint aber heute nicht mehr vorhanden zu sein.
Das Grubenmann-Museum in Teufen zeigt einen Nachbau des Modells aus neuerer Zeit.
geholfen die Entscheidungsträger zu überzeugen. Der Grundstein wurde am 1. August 1764 gelegt, aber die eigentlichen Bauarbeiten begannen erst 1765 mit dem Abbruch der alten Kirche.

Im August 1767 fand die Einweihung des neuen Gotteshauses im modernen Barockstil statt. Die Finanzierung erfolgte durch Versteigerung sogenannter 'Kirchenörter', das sind reservierte Familiensitzplätze mit einem entsprechenden Namensschild. Dabei soll mehr Geld eingenommen worden sein, als die Kirche tatsächlich gekostet hatte. Die eigentlichen Bauarbeiten einschließlich Gründung, Maurerarbeiten und Zimmermannsarbeiten wurden Federführend von Grubenmann ausgeführt, während die barocke Innengestaltung von verschiedenen Künstlern besorgt wurde.

Die Reformierte Kirche in Wädenswil am Zürichsee

Auch bei diesem Kirchenbau bewies Grubenmann seine exzellenten statischen Fähigkeiten, insbesondere bei der Überbrückung von großen Spannweiten. Der völlig stützenfreie Innenraum der Kirche hat Abmessungen von 38 x 20 m und bietet mehr als 1.000 Menschen Platz. Besondere Bewunderung fand der Dachstuhl, der nach Meinung von Experten in seiner Kühnheit seinesgleichen sucht. Auch die Konstruktion des schlanken Turmes gehört zu den besten Arbeiten Grubenmanns überhaupt.

Ein kleines unscheinbares Detail bei der Innenraumgestaltung dieser Kirche verrät uns etwas über die sonst weitgehend unzugängliche Persönlichkeit Grubenmanns. Die Brüstung der Empore besteht aus einem ca. 18,50 m weit gespannten Sprengwerk ohne jegliche Unterstützung. An der Unterseite der Brüstung kann man jedoch in den Drittelspunkten zwei Säulenkapitelle erkennen, ohne dass aber Säulen vorhanden wären. Außerdem besteht diese Dekoration aus Stuck, sodass sie nicht geeignet wäre, eine wirkliche Last zu tragen. Diese Merkwürdigkeit erlaubt nur zwei mögliche Erklärungen. Vielleicht wollte Grubenmann damit andeuten, dass ein weniger talentierter Baumeister es nicht hätte vermeiden können, genau an diesen Stellen Stützen anzuordnen.

Originell ist aber auch die andere Erklärung, nach der Grubenmann dieses Detail ganz bewusst und nur in der Absicht hinzugefügt hatte, um die "ängstlichen Gemüter" der Gemeinde zu foppen. Für einen unbedarften Betrachter konnte nämlich leicht der Eindruck entstehen, die Säulen seihen schlichtweg vergessen worden. Einige der Gemeindemitglieder dürften daher mit einem mulmigen Gefühl auf ihren teuer bezahlten Sitzbänken unter der wuchtigen Empore Platz genommen haben. Sollte diese Anekdote der Wahrheit entsprechen, wäre man fast geneigt, auch der ebenso köstlichen Geschichte von dem nicht abgestützten Mittelpfeiler bei der Rheinbrücke in Schaffhausen Glauben zu schenken.

Neben der Kirche in Wädenswil baute das Familienunternehmen der Grubenmanns noch ca. 30 weitere Gotteshäuser in der Schweiz, von denen einige noch heute existieren.


Die Dachstuhlkonstruktion der Reformierten Kirche in Wädenswil. Die Längsbinder erinnern an das Bogentragwerk der Wettinger Brücke.

Der Privatmensch

Wie bereits erwähnt ist über Hans Ulrich Grubenmann abseits seines beruflichen Schaffens nur wenig bekannt. Kindheit und Jugend waren von dem harten Dasein in einer Handwerkerfamilie geprägt. Im Erwachsenenalter war sein Privatleben von vielen traurigen Ereignissen und Schicksalsschlägen begleitet. Er heiratete insgesamt drei mal, weil seine beiden ersten Frauen während der Ehe verstarben. Seine zweite Frau, Magdalena Fässler, Hier fällt die Namensgleichheit mit dem Förster auf, der Grubenmann einst im Bregenzer Wald geärgert hatte! heiratete er im Alter von 60 Jahren, während sie mit 30 Jahren deutlich jünger war. Aus dieser Ehe wurden ihm vier Töchter und ein Sohn geboren, die jedoch alle schon im Kindesalter verstarben. Auch Magdalena starb früh, sodass er mit 70 Jahren noch einmal heiratete. Seine letzte Frau hieß Anna Müller und war bei der Eheschließung nur halb so alt wie er selbst.

Im Alter von 73 Jahren entstand das einzig bis heute überlieferte Portrait Grubenmanns von Hans Jakob Brunschwiler (siehe Bild ganz oben). Einige Monate später, im Winter 1781/ 82, zog sich Hans Ulrich Grubenmann vom aktiven Berufsleben zurück. Ausschlaggebend waren gesundheitliche Gründe, die ihn ein weiteres Jahr später mehr oder weniger ans Haus fesselten aber niemals zu vollständiger Bettlägerigkeit führten. Da Grubenmann sehr gläubig war, bestellte er regelmäßig den Pfarrer ins Haus, weil er es nicht mehr bis in die Kirche schaffte. Er starb am 22. Januar 1783 In den handschriftlichen Aufzeichnungen des Pfarrers Johann Ulrich Tobler, der bei der Bestattung am 24. Januar 1783 die Leichenrede hielt, heißt es, dass Grubenmann am "vergangenen Sonntag" gestorben sei. Der Sonntag davor war aber der 19. Januar. Dieser Widerspruch ließ sich bisher nicht auflösen. in seinem Wohnhaus in Teufen.

Schon bald nach Ulrich Grubenmanns Tod begann der Stern der berühmten Baumeisterfamilie zu sinken. Die Söhne und Enkel seiner Brüder konnten nicht mehr an die früheren Leistungen anknüpfen. Schnell drängten andere talentierte und gut ausgebildete Zimmerleute und Bautechniker in die entstandene Lücke. Gleichzeitig verlor das Holz seine über Jahrhunderte bestehende Bedeutung als universeller und leicht zu beschaffender Baustoff. Der Siegeszug des Eisens war nicht mehr aufzuhalten, weder im Brückenbau, noch in einem anderen Bereich des Bauwesens.

Kurioserweise bot etwa 100 Jahre nach Grubenmanns Tod das nächste revolutionäre Baumaterial wieder ganz neue Chancen für Zimmerleute: der Beton. Für den Bau einer Brücke oder eines anderen Bauwerkes war in den ersten Jahrzehnten des Betonbaus die Herstellung eines Lehrgerüstes unverzichtbar. Gerade durch die topografischen Besonderheiten der Schweiz boten z.B. die Betonbrücken eines Robert Maillart ein reiches Betätigungsfeld für den Holzbau. Und auch auf diesem Spezialgebiet sollte ein genialer Zimmermann Außergewöhnliches leisten: Richard Coray aus Graubünden schuf mit seinen Lehrgerüsten für Betonbrücken faszinierende Kunstwerke von begrenzter Dauer.

Trotz all dieser Entwicklungen ist die große Baumeisterfamilie aus Teufen niemals in Vergessenheit geraten. Der Name Grubenmann ist auch heute noch - weit über 200 Jahre nach Hans Ulrichs Tod - untrennbar mit den größten Leistungen auf dem Gebiet des konstruktiven Holzbaues verbunden.

Quellen: Interne Links:
  • S. Schlatter: "Ein alter Meister der Technik, Johann Ulrich Grubenmann" [Schweizerische Bauzeitung, Jahrgang 1906].
  • S. Schlatter: "Johann Ulrich Grubenmann, ein berühmter Appenzeller" [Appenzeller Kalender 1908].
  • Albert Knöpfli: "Die Grubenmann: Welt zwischen Handwerk, Unternehmertum und Baukunst" [Schweizer Ingenieur und Architekt, Vol.101 1983].
  • Joseph Killer: "Die Werke der Baumeister Grubenmann" (Diss.); Zürich 1942.
  • Joseph Killer: "Zum 250. Geburtstag von Hans Ulrich Grubenmann (1709 bis 1783)" [Schweizerische Bauzeitung 1959].
  • Fritz Stüssi: "Die Abdankungsrede für Hans Ulrich Grubenmann" [Schweizerische Bauzeitung 1972].
  • Rosmarie Nüesch-Gautschi: "Die Brüger Grubenmann aus Teufen : Vollender der Kunst des Holzbrückenbaus" [Heimatschutz = Patrimoine 2000]
  • Rosmarie Nüesch-Gautschi: "Frederick Augustus Hervey, Architekt John Soane und die Holzbrücken der Baumeister Grubenmann" [Appenzellische Jahrbücher 2008].
  • Andreas Müller / Hanspeter Kolb: "Grubenmanns Brücken" [TEC21 2009].
  • Michael D. Schmid: "Quer Gebaut - Reformierte Querkirchen im Kanton Zürich" [Wädenswil 2018].
  • Dirk Bühler: "Brückenbau im 20. Jahrhundert" [München 2004].
  • www.espazium.ch/tragwerk-und-raumform-in-grubenmanns-kirchen
  • Grubenmann-Museum in Teufen
  • www.structurae.de
  • www.karl-gotsch.de


www.bernd-nebel.de

© Dipl.Ing. Bernd Nebel